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Hoffen auf den Generalsekretär

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Das Aktionsprogramm der CDU wird in weitem Umfang mit dem Namen des neuen Generalsekretärs Bruno Heck verbunden sein. Es kann als ein besonderer persönlicher Erfolgs Hecks gelten, daß er ohne Ansehen der gleichen Landsmannschaft und Konfession wie Kiesinger berufen worden ist. Die Stimmen, die gegen ihn abgegeben wurden, galten weniger dem Mann als der Institution, die geschaffen wurde. Alle diejenigen haben Recht, die meinen, das Amt eines Bundesministers und das Amt eines Generalsekretärs seien für einen Mann zuviel. Hinter diesem Einwand verbirgt sich zugleich die Sorge, daß die Parteiorganisation auch in den kommenden Jahren nicht im notwendigen Maße gegliedert und aktiviert werden kann. Gerade in dieser Hinsicht fühlt sich die CDU dpr SPD unterlegen. Immer wieder stoß*, man auf die Frage, ob dies nicht eines Tages bei Bundestagswahlen zu ihrem Schaden ausschlagen werde. Deshalb auch immer wieder die Frage, was aus der CDU werden solle, wenn nicht ein Mann wie Adenauer oder Kiesinger an ihrer Spitze stehe. Wäre dann die Anziehungskraft der Partei stark genug für die Mehrheit der Wähler?

Heck kennt diese Problematik sehr genau und hat sich seine Gedanken darüber gemacht. Anderes kommt hinzu. Der föderalistische Aufbau der CDU gibt den Landesverbänden und deren Vorsitzenden viel Selbständigkeit, über die sie eifersüchtig wachen. Eine zentral gesteuerte Politik der CDU, noch dazu in Bund und Ländern, ist daher schlechterdings undenkbar. Der Generalsekretär wird lediglich versuchen können, kraft der Autorität seiner Persönlichkeit und seiner Vollmachten für eine möglichst große Einheitlichkeit zu sorgen. Dem steht frei!-'~ri wiederum im Wege, daß die CDU in den Landesregierungen, ob sie will oder nicht, oftmals mit der CDU in der Bundesregierung in wichtigen Fragen — Steuerverteilung, Kulturhoheit — in Konflikt geraten muß.Gelegentlich werden dann die Klingen sehr scharf gekreuzt. Deshalb hat Heck auch möglichst umfassende Vollmachten gefordert.

Auch hat er sich genau überlegt, weshalb er im Kabinett bleiben will. Ein hauptamtlicher Generalsekretär, so groß sein Ansehen sein möge, läuft nach allen Erfahrungen ständig Gefahr, von den Politikern als ihr Angestellter behandelt zu werden, der sich um die Organisation der Partei, nicht aber um die Politik zu kümmern habe. Schon mit seinen Informationen über die entscheidenden Vorgänge ist er von dem guten Willen derer abhängig, die in den entscheidenden Gremien — vor allem im Kabinett — sitzen. Er selbst muß daher mit an den politischen Schalthebeln werken können. Schließlich hat sich auch Kiesinger gesagt, daß ein Generalsekretär, der dem Kabinett angehört, in seiner Parteitätigkeit durch die Regie-rungsveraretwortung gebunden ist. Auf diese Weise können Gegensätze zwischen Partei und Regierung nur schwer auftreten.

Die CDU vertraut also auch für die Zukunft darauf, daß sie sich als „Kanzlerpartei“ behaupten wird. Um so mehr wird alles davon abhängen, wie weit es Kiesinger gelingt, den überaus erfolgreichen Anfang seiner Kanzlertätigkeit bis zum Jahre 1969 durchzustehen. Nach menschlichem Ermessen gibt es vorerst nichts, was ihm entscheidende Rückschläge eintragen könnte. Die Außenpolitik ist in einem Fluß, in dem spektakuläre Ereignisse und Wendungen nicht erwartet werden. Die Wirtschaftspolitik macht zwar der Bundesregierung noch zu schaffen, doch besteht Aussicht, daß sie auch diese Aufgabe in den Griff bekommt. Mehr bewußt als unbewußt folgt die Mehrheit der CDU dem Empfinden, daß es 1969 nicht so sehr darauf ankommen wird, wie die Partei bis dahin durchorganisiert ist, sondern darauf, ob der Kanzler die Mehrheit der Wähler weiterhin mit Befriedigung und Zuversicht erfüllt.

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