Kriminaltechnik - © Foto: Canva

Ist Pawel Durow für kriminelle Inhalte auf Telegram verantwortlich?

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Warum Plattformen wie Telegram für die auf ihnen publizierten (kriminellen?) Inhalte rechtlich verantwortlich gemacht werden müssen – und der Umgang mit Pawel Durow nun entscheidend ist. Ein Gastkommentar.

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Warum Plattformen wie Telegram für die auf ihnen publizierten (kriminellen?) Inhalte rechtlich verantwortlich gemacht werden müssen – und der Umgang mit Pawel Durow nun entscheidend ist. Ein Gastkommentar.

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Mit der Verhaftung von Telegram-Besitzer Pawel Durow (und seiner späteren Freilassung gegen Kaution) bricht eine seit langem schwelende Debatte von Neuem auf. Welche Verantwortung haben Kommunikationsplattformen für die auf ihnen publizierten Inhalte – und wie kann man dies regulieren? Im Zentrum steht nichts Geringeres als das Recht auf freie Rede, andererseits sind solche Plattformen wie geschaffen für kriminelle Aktivitäten.

Durow steht für eine radikale Vorstellung von Kommunikationsfreiheit und Privatsphäre, wonach diese auch im Fall von Terrorismusbekämpfung nicht geschwächt werden dürften. Ist aber Telegram tatsächlich ein Hort der Freiheit – und steht nun zu befürchten, dass mit den Vorwürfen gegen dessen Eigner die Meinungsfreiheit einen schweren Schlag erleidet? Unzweifelhaft hat sich Telegram zu einer Kommunikationsplattform entwickelt, auf der Verschwörungserzählungen blühen, gehetzt und gehasst wird, Pädokriminelle ihr Unwesen treiben, Terroristen sich vernetzen und Waffen gehandelt werden. Wenn sich diese Personen um die Beschränkung ihrer Redefreiheit sorgen, ist das bittere Realsatire. Es gibt kein Recht, im Geheimen Verbrechen zu planen, Drogen und Kinderpornografie zu handeln.


Freiheit in autokratischen Systemen

Anders sieht es aus, wenn man weiß, dass Telegram auch genutzt wird, um in totalitären Staaten Informationen zu bekommen, diese zu teilen und unbeobachtet Kritik am Regime zu formulieren und Widerstand zu organisieren. Nicht umsonst ist es meist eine der ersten Aktionen von Autokraten und Antidemokraten, das freie Mediensystem unter ihre Kontrolle zu bringen. Da macht es schon einen Unterschied, wenn man über eine Telegram-Gruppe an News und Debatten teilnehmen kann, die staatlich sonst verboten wären. Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit sind zentrale Bedingungen einer freiheitlichen Demokratie.

Es wäre ein Armutszeugnis unserer europäischen Demokratien, wenn sie es nicht hinbekämen, Verbrechensbekämpfung und Schutz der Kommunikationsfreiheiten in Einklang zu bringen. Einfach ist das nicht, es wird immer heikel, wenn Grundrechte miteinander konfligieren. Sicherheit und Kommunikationsfreiheit sind in jeder Hinsicht schützenswerte Güter. Sicherheit ist aber nicht hundertprozentig möglich, manchmal müssen auch Pop-Konzerte dafür abgesagt werden. Ebenso ist Kommunikationsfreiheit nicht ohne Einschränkung denkbar: Persönlichkeitsrechte, Jugendschutzgesetze und eben auch Sicherheitsbedürfnisse relativieren das Recht auf Diskretion.

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