Jobvermittlung: Kann Arbeit wirklich eine Zumutung sein?

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Warum die aktuelle Debatte um die Zumutbarkeitsbestimmungen in der Arbeitslosenversicherung ein problematisches „Mindset“ befördert. Ein Gastkommentar von Wolfgang Mazal.

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Warum die aktuelle Debatte um die Zumutbarkeitsbestimmungen in der Arbeitslosenversicherung ein problematisches „Mindset“ befördert. Ein Gastkommentar von Wolfgang Mazal.

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Wenn eine hohe Zahl von Arbeitslosen offenen Arbeitsplätzen gegenübersteht, erschallt der Ruf nach einer Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen. Arbeitgeber aus unterschiedlichen Branchen berichten davon, dass Arbeitssuchenden an der ihnen angebotenen Arbeit desinteressiert sind. Das Arbeitslosenversicherungsrecht fordert als Voraussetzung für den Leistungsbezug, dass die arbeitssuchende Person dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss, was unter anderem dadurch unter Beweis zu stellen ist, dass sie zur Aufnahme zumutbarer Arbeit bereit ist. Die derzeitige Regelung über die Zumutbarkeit der Arbeit ist Ergebnis zahlreicher Gesetzesnovellen, mit denen die Stellschrauben der Überprüfung durch die Verwaltung stets neu justiert wurden.

Heute wird während der ersten hundert Tage nach Beginn der Arbeitslosigkeit ein Berufsschutz gewährt. Nur Tätigkeiten sind zumutbar, die ein Fortkommen im bisherigen Beruf nicht gefährden. Wird man in einen anderen Beruf als den bisherigen vermittelt, besteht für insgesamt 120 Tage ein Entgeltschutz. Es müssen also nur Beschäftigungen angenommen werden, die zumindest mit 80 Prozent des bisherigen Entgelts (bis zur Höchstbeitragsgrundlage) entlohnt werden. Nach Ablauf von 120 Tagen reduziert sich diese Grenze auf 75 Prozent.

Niedriglohnsektor und Erwerbsarmut

Lediglich wenn die Vermittlung in den bisherigen Beruf erfolgt, müssen auch geringere Entgelte akzeptiert werden. Begünstigende Sonderregelungen bestehen für Teilzeitbeschäftigte, die Zumutbarkeit von Anfahrtszeiten sowie für Personen mit Betreuungspflichten. In der politischen Realität wird die Frage der Zumutbarkeitsbestimmungen typischerweise gegen die Schaffung neuer Jobs positioniert und mit dem Lohnniveau verbunden; so auch in der derzeit aktuellen Debatte, in welcher der ÖGB den Standpunkt vertritt: „Wer Zumutbarkeitsbestimmungen verschärft, vergrößert den Niedriglohnsektor und erhöht Erwerbsarmut“. Und in der Tat ist es wahrscheinlich, dass schärfere Zumutbarkeitsbestimmungen Arbeitssuchende dazu zwingen, eine Beschäftigung auch außerhalb ihrer bisherigen Tätigkeit sowie zu einer geringeren Abgeltung anzunehmen.

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