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Kein neues Mittelalter

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Ich habe das Gentechnik-Volksbegehren unterschrieben, doch stellt sich bei mir ein gewisses Unbehagen über den Umgang mit diesem kontroversiellen Thema ein.

Selbstverständlich hat die Politik die Pflicht, das Votum von 1,3 Millionen Österreichern zu berücksichtigen, doch darf man auch jene nicht vernachlässigen, denen die Gentechnik große Hilfe bietet. Eine vollständige Umsetzung des Volksbegehrens empfinde ich daher als nicht machbar. - Es stört mich, daß im Zuge der Diskussion Wissenschaft und Technik emotional abgewertet werden. Ihr Wert für die Gesellschaft, wird zu wenig erkannt. Hier wäre die Politik gefordert, klare Worte zu reden und den guten Ruf von Wissenschaft und Technik wiederherzustellen.

Meine Befürchtung ist, daß wir in ein neues Mittelalter hineinschlittern, wo Irrationalismen fröhliche Urständ feiern und pseudoreligiöse Gruppen boomen, weil die Komplexität dieser Welt für die Menschen unerträglich geworden ist. Aus diesem neuen Mittelalter müssen wir uns durch eine neue Aufklärung befreien, die sich von der des 18. Jahrhunderts dadurch unterscheidet, daß dem Verstand als Instrument zur Erforschung und Erkennung der Welt auch die spirituelle und emotionale Dimension beiseite gestellt wird.

Ich bin grundsätzlich gegen gentechnikfreie Zonen, doch muß dort, wo die Anwendung von Gentechnik mit großen Problemen behaftet ist, zum Beispiel der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen, mit größerer Vorsicht vorgegangen werden als dies das derzeitige Gesetz vorsieht. Drei Dinge sind dabei wichtig: 1. Vertrauensbildende Maßnahmen, wie umfassende Kennzeichnungs- oder Schadenersatzregeln. 2. Über die ethische Dimension der Gentechnik müßte eine breite Diskussion geführt werden. 3. Parlamentarisierung der Diskussion über Technikfolgenabschätzung durch die Einsetzung einer Kommission, deren Resultate im Parlament beraten werden. - Sind diese Maßnahmen garantiert, bin ich dafür, daß mit allen Mitteln, mit Zähnen und Klauen, die Freiheit der Erkenntnisgewinnung und damit auch die Freiheit von Anwendung der Erkenntnisse aufrechterhalten wird.

Der Autor ist

Universitätsprofessor sowie Klubobmann des Liberalen Forums im steirischen Landtag.

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