7090740-1994_27_19.jpg
Digital In Arbeit

Last des ökologischen Rucksackes

Werbung
Werbung
Werbung

So wünschenswert es ist, unsere Flüsse von chemischen Abwässern gereinigt zu wissen oder sich weitgehend schadstofffreier Atemluft zu erfreuen, letztlich sind die dafür notwendigen „End-of-the-pipe-Technologien" nur nachgereichte Schadensbehebungen, die mit erheblichem technologischen und rohstoffintensiven Aufwand erkauft werden müssen. Doch die Menschheit ist im Laufe der Industrialisierung längst in ein Stadium eingetreten, in dem so große Materialströme und Energieflüsse durch die Öko-sphäre bewegt werden, daß es eigentlich einleuchtend sein müßte, wie wenig diese nachträglichen Verbesserungen unserer Lebensqualität eine langfristige Lösung darstellen können. So hält Schmidt-Beek unmißverständlich fest: „Der Mensch ist dabei, die Bewohnbarkeit der einzigen Erde, die er hat, in Frae zu stellen."

Um diese Lm Weltbelastung deutlich zu machen, verwendet der Forscher das Bild vom „ökologischen Rucksack": „Jedes Industrieprodukt und jede Dienstleistung schleppt einen Rucksack von Stoffen mit sich herum, die im Laufe seiner Nutzungsdauer angefallen sind." So müssen etwa für ein Kilo Platin allein 300.000 Kilo Erdmasse im Bergbau bewegt werden. Der ökologische Rucksack, etwa eines Autos, belastet den Rücken unseres strapazierten Planeten nicht nur durch die Primärstoffe und -Energieträ-

ger, sondern auch durch recyclier-te Materialien, Hilfsstoffe, Investitionsgüter, Verpackungen und nicht zuletzt den Transport. Ziel einer sinnvollen Öko-Politik kann es daher nur sein, die Produktivität im Umgang mit den Ressourcen zu steigern.

Um eine solche Politik effektiv verwirklichen zu können, wäre es hilfreich, ein neues Maß einzuführen: „mips" - die Materialintensität pro Serviceeinheit. Die Schätzung eines „mips" wäre heute zwar noch sehr aufwendig und wenig exakt, dennoch betrachtet sie Schmidt-Bleek als wissenschaftlich vertretbaren Basisindikator für die durch Dienstleistungen und Güter verursachte Umweltbelastung. Damit sich die Ökosphäre wieder restabilisieren könnte, müßte eine globale Stoffstromreduktion von 50 Prozent erreicht werden. Das würde grundlegend neue ökologische Techniken erfordern. Doch in vielen Fällen, so Schmidt-Bleek, wäre diese Öko-Effizienzrevolution bereits technisch machbar.

Dieses Anliegen versucht der Autor mittels einprägsamer Sprache und Gestaltung in den Köpfen der Konsumenten zu verankern. Das Buch richtet sich nicht nur an Interessierte, sondern gezielt auch an Führungskräfte.

WIEVIEL UMWELT braucht dcr MENSCH. Das Maßßr

ökologisches Wirtschaften Von Friedrich Schmidt-Bleek. Birkhäuser Verlag, Basel 1994. 304 Seiten, viele Illustrationen, öS 390,-.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung