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Moralische Verpflichtung

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OliverCromwells „Instrument of Government” (1653), das Gewissens- und Religionsfreiheit in England vorsah, mag der erste Versuch gewesen sein, Menschen- und Bürgerrechte in Gesetzesform einzubinden. Die großartige „Bill of Bights”, am 12. Juni 1776 von „Vertretern der rechtschaffenen Bevölkerung von Virginia” verkündet, versucht Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zu verankern, womit sie die „Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers” der französischen Nationalversammlung im August 1789 inspirierte.

„Menschenrechte sind angeborene, unveräußerliche Rechte und Grundfreiheiten, die dem einzelnen nicht auf Grund staatlicher Verleihung sondern kraft seines Menschseins zustehen”, sagt das Lexikon (Brockhaus 1982). Diesem Sinn entspricht die Programmerklärung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948, der sich eine Reihe von weiteren Menschenrechtskonventionen auf internationaler Ebene anschlössen.

Am wirkungsvollsten vielleicht, die Schlußakte der europäischen Sicherheitskonferenz (jetzt OSZE), die zweifellos das Bewußtsein für das Recht auf Freiheit bei den Bevölkerungen der kommunistisch regierten Länder Europas geweckt und gefördert hat.

Hier wurden Menschenrechte wohl zum ersten Mal international als politisches Instrumentarium eingesetzt.

Seit Jahrhunderten also bestehen die Menschenrechte als moralische Dimension (neben den Bürgerrechten, die in gesetzliche Verpflichtungen des Staates verankert wurden). Ebenso lange aber werden sie auf internationaler, wie auf nationaler Ebene verletzt.

Wir aber, die wir an Demokratie, an Freiheit und Gleichberechtigung schon gewöhnt sind und Einschränkungen unserer Menschenrechte, wo sie trotzdem geschehen, nicht schweigend hinnehmen, wir müssen eine neue, eine pragmatische Dimension als Resultat von weltweiten Erfahrungen erkennen und akzeptieren.

Das Bedürfnis nach Freiheit ist relativ und zutiefst verbunden mit der jeweiligen wirtschaftlichen Situation und dem Bildungsniveau. Wenn daher die politische Instrumentalisierung der Menschenrechte nicht die moralische Dimension verlieren soll, muß der Einsatz für ihre Wahrung auch den Kampf gegen Armut und Unwissenheit einschließen.

Information ist ebenso wichtig wie eine konzertierte Entwicklungspolitik. Beides muß auch dem Ziel der Vertrauensbildung dienen. Letzteres ist auch von Relevanz in den „reichen” Ländern: Vertrauen zu denen, die sich regierungsunabhängig für Menschenrechte einsetzen, und Vertrauen zu jenen Politikern, die Menschenrechte auch als moralische Verpflichtung verstehen.

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