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Nachwort zu Kardinal Königs 90. Geburtstag

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In den letzten Tagen wurde das Wirken Kardinal Königs umfassend gewürdigt. Er hat das II. Vatikanische Konzil mitgeprägt und die vom Konzil beschlossenen Erneuerungen in seiner Diözese zu verwirklichen versucht. Er war bahnbrechend für das Gespräch mit den Kirchen des Ostens. König hat unverdrossen den Dialog gesucht, mit Politikern, Wissenschaftlern, mit „Glaubenden” aller Schichten und auch mit „Nichtglau-benden”. Kardinal König ist es gelungen, Kirche in allen Bereichen des öffentlichen Lebens respektvoll und zu einem geachteten Gesprächspartner zu machen. Daß auch während seiner Amtszeit viele aus der Kirche austraten, hat ihn geschmerzt. Kaum einer aber tat es damals aus Protest oder Verachtung. In den vielen Interviews der letzten Tage hat man Kardinal König die Frage erspart, warum nun, zehn Jahre nach seiner Amtsniederlegung, die Stellung der Kirche in Osterreich so ganz anders sei.

Kirche ist heute viel im Gerede, meist aber negativ, sie hat an alle Einfluß in der Gesellschaft und Glaubwürdigkeit stark verloren. Was oder wer ist schuld? Gewiß hat sich auch in der Gesellschaft viel

verändert. Nahezu alle Tabus sind gefallen, „Amtsautoritäten” suspekt geworden, „Großinstitutionen” werden zunehmend gefürchtet. Es wäre aber zu einfach, die Gründe allein außerhalb der Kirche zu suchen.

Schuld sind auch Vorkommnisse in der Kirche: unverständliche Personalentscheidungen, .mangelnde Dialogbereitschaft, Weltfremdheit, ängstliche Einige-lung, wachsende Extrempositionen nach beiden Seiten, unversöhnliche Parteienbildungen. Nicht die Kirche insgesamt hat an Vertrauen verloren, sondern die Art, wie sie sich vielfach nach außen gibt.

Voraussichtlich im Herbst wird Christoph Schönborn sein Amt als neuer Erzbischof von Wien antreten. Er könnte eine Wende einleiten. Seine erstenöffentlichen Äußerungen haben bei vielen wieder Weltoffenheit und Dialogbereitschaft vermuten lassen, wie unter König.

Von ultrakonservativen Kreisen hat jedoch schon Polemik gegen Schönborn eingesetzt. Soll die Kirche also weiterhin Zielscheibe für , hämische Kritik bleiben, oder nicht doch wieder zu jenem Dialogpartner werden, der sie sein soll, und den die Gesellschaft will und braucht?

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