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Päpstlicher Primat soll neu überdacht werden

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Dieser Aufruf kommt nicht von „außen”, auch nicht von einem Volksbegehren aus der Basis, sondern vom Papst selbst. In seiner jüngsten Enzyklika „Über den Einsatz für die Ökumene” lädt der Papst die anderen christlichen Kirchen zu einem „geduldigen Dialog” ein, bei dem „wir jenseits fruchtloser Polemiken einander anhören könnten, wobei wir einzig und allein den Willen Christi für seine Kirche im Sinne haben”, um gemeinsam zu jenen Formen des Petrusamtes zu finden, in denen dieser Dienst „von den einen wie den anderen” anerkannt werden kann.

Der Bischof von Rom wollte immer Zeichen und Garant der Einheit sein. Sein Amt aber stellte in der Geschichte für den Großteil der anderen Christen Schwierigkeiten dar und ist von schmerzlichen Erinnerungen belastet. „Soweit wir dafür verantwortlich sind, bitte ich wie mein Vorgänger Paul VI. um Verzeihung.”

Solche Aussagen sind neu. Manche meinten sogar, nun liege der „Ball” bei den „anderen”. Das aber hat der Papst mit „brüderlich geduldigem Dialog” nicht gemeint. Es liegt an uns Katholiken, eingedenk der „schmerzlichen Erinnerungen” selbstkritisch zu prüfen, was in der Geschichte und heute in der Ausübung des Petrusamtes nicht unbedingt auf den „Willen Christi” zurückzuführen ist. Beispiele sind ein wachsender Zentralismus, eine Ausweitung lehramtlicher Äußerungen, eine minutiöse Reglementie-rung der Liturgie, eine geforderte Bückbindung an Rom selbst bei Entscheidungen, die nach dem Recht Bischöfen oder Bischofskonferenzen zustehen.

Am folgenschwersten ist wohl die momentane Praxis der Bischofsernennungen, bei denen die Kirche am Ort und das Volk Gottes zuwenig gehört wird. Es ist gut, daß das „KirchenVolksbegehren” gerade darauf stark hinweist. Und es ist hoffnungsvoll, daß Bischöfe in Österreich in der Pastoralkommission eine Arbeitsgruppe eingerichtet haben, um für künftige Bischofsernennungen Vorschlagsmodelle zu erarbeiten.

Die Einladung zum „brüderlichen” Dialog über den Papstprimat hat in der Ökumene viele Hoffnungen geweckt. Sie würden noch wachsen, wenn Rom nun selbst gleichsam als Vorleistung konkrete Veränderungsbereitschaft in der Ausübung des Petrusamtes erkennen ließe.

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