Pflege - © Foto: iStock/ byryo

Pflegereform: Wir steuern in die falsche Richtung

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Österreich muss dringend eine Trendumkehr im herausfordernden Pflegebereich einleiten. Jeder Tag ohne echte Reform bringt das Land noch tiefer in die Sackgasse. Ein Gastkommentar.

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Österreich muss dringend eine Trendumkehr im herausfordernden Pflegebereich einleiten. Jeder Tag ohne echte Reform bringt das Land noch tiefer in die Sackgasse. Ein Gastkommentar.

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Seit über 15 Jahren diskutieren wir in Österreich über eine Pflegereform. Je nach Problem- und Bewusstseinsstand mal mehr, mal weniger. Gerade wieder mehr. Weil sich die Lage derzeit in nie dagewesener Weise zuspitzt. Und weil die Pflegereform und diesbezügliche Vorhaben im aktuellen Regierungsprogramm stehen. Österreich, namentlich Bund und Länder, hat sich aber bisher (noch) nicht zu einer echten Reform aufgerafft. Stattdessen „doktert“ man am System herum, macht kosmetische Korrekturen ohne Gesamtplan. Während dieses Muddling-Through fortgesetzt wird, steuern wir in eine unheilvolle Sackgasse.

Es sind im Wesentlichen zwei Fehlentwicklungen, die Österreich durch seine pflegepolitischen Versäumnisse befördert. Eine davon betrifft das Versorgungssystem. In Österreich leben rund zwanzig Prozent der Pflegegeldbezieher(innen) in Pflegeheimen, fast achtzig Prozent der Betroffenen leben zu Hause. Sie werden zumeist von Lebenspartner(inne)n und/oder (Schwieger-)Kindern betreut. Pflegende An- und Zugehörige sind somit der größte „Pflegedienst“ Österreichs. Gefolgt von mobilen Fachdiensten wie Hauskrankenpflege und Heimhilfe, mithilfe derer weitere dreißig Prozent der Betroffenen und ihrer Angehörigen den Alltag zu Hause bewältigen. Rund fünf Prozent nutzen eine 24-Stunden-Betreuung.

Zu wenig Geld für mobile Dienste

Die Beschaffenheit der Versorgungslandschaft spiegelt die Wünsche der Menschen wider: Die überwältigende Zahl der Österreicherinnen und Österreicher möchte laut Umfragen zu Hause alt werden. Auch volkswirtschaftlich macht der Verbleib im vertrauten Umfeld unter Nutzung und Aktivierung der persönlichen und sozialen Ressourcen nachweislich Sinn. Dennoch steuert Österreich seit einigen Jahren in die Gegenrichtung. So belaufen sich alleine die Kostensteigerungen im Pflegeheimsektor von 2017 auf 2019 auf eine Summe, die höher lag als das gesamte (!) in mobile Dienste investierte Bruttovolumen im selben Zeitraum. In diesen Zeitraum fällt auch die Abschaffung des Vermögensregresses für die Bewohner(innen) von Pflegeheimen. Es unterblieben aber vergleichbare Maßnahmen zur Erleichterung der Organisation und Finanzierung der Pflege zu Hause.

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