Politische Bildung: Können Erwachsene noch Demokratie lernen?

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Mit PISA werden gerade die Mathematik-Kompetenzen der 15-Jährigen getestet. Doch wie steht es um die Demokratie-Fähigkeiten der Verantwortlichen in Politik, Polizei und Management? Ein Plädoyer.

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Mit PISA werden gerade die Mathematik-Kompetenzen der 15-Jährigen getestet. Doch wie steht es um die Demokratie-Fähigkeiten der Verantwortlichen in Politik, Polizei und Management? Ein Plädoyer.

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Unter Expert(inn)en gibt es Konsens darüber, dass die Politische Bildung im Schulsystem gestärkt werden müsse. Diese Forderung ist völlig richtig. Es sollte ihr von der Politik endlich nachgekommen werden. Politische Bildung bedeutet dabei nicht, dass man lediglich weiß, wie politische Entscheidungen zustande kommen oder die Institutionen funktionieren. Sie bedeutet in erster Linie Demokratie-Bildung. Und bei dieser geht es nicht darum, mit NLP und Rhetoriktrainings die Manipulation von Meinungen zu beherrschen oder strategisch in der Lage zu sein, den politischen Gegner zu schwächen. Das sind Techniken der Macht, die in den Parteiakademien vermittelt werden – aber es ist genau nicht, was die Demokratie braucht. Politische Bildung als Demokratiebildung heißt vielmehr, Kompetenzen für demokratisches Handeln zu stärken, Tricksereien und Manipulation zu verhindern, Autoritarismus Einhalt zu gebieten, den Dialog zu fördern, interkulturelle Toleranz und Werte zu vermitteln.

Der Europarat hat vor einigen Jahren ein Kompetenzmodell entwickelt. Zu den Demokratiekompetenzen zählen u. a. Urteilsfähigkeit, kritische Reflexion, das Verstehen von Inhalten, der reflektierte Umgang mit Medien, Ambiguitätstoleranz und das Erkennen von Manipulation. Gerade in Zeiten der Krise müssen Gesellschaften ihre Resilienz gegenüber antidemokratischen Phänomenen stärken. Kinder und Jugendliche in und außerhalb der Schule sind wichtige Adressaten. Aber sie sind nicht die einzigen, denn unser Demokratieproblem sind weniger die Jungen als die Älteren – insbesondere jene in Machtpositionen.

Im Sold von Autokraten

Viele Berufspolitiker(innen) der letzten 20 Jahre haben sich unrühmlich gegenüber demokratischen Grundprinzipien verhalten. Wir kennen Ex-Minister(innen) und Abgeordnete, die vor Gericht landeten, weil sie korrupt waren, auf undurchsichtige Weise Posten verteilt und sich über Transparenzregeln hinweggesetzt haben. Manche haben sich in Chats oder sogar öffentlich auf abwertende Weise über Frauen oder Minderheiten geäußert. Und wieder andere haben sich nach oder während ihrer politischen Karrieren in den Sold von Autokraten gestellt. Der Parlamentarismus wurde von Regierenden als lästiges Übel erachtet, die Gerichtsbarkeit als parteiisch verunglimpft. Einem demokratisch gebildeten Menschen sollte das nicht passieren. Es liegt der Schluss nahe, dass es im Politik-Bereich einen Mangel an Demokratiekompetenzen gibt.

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