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Religionsunterricht in gemeinsamer Verantwortung

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Vergangene Woche gab es in Österreich erstmals ein „Gipfeltreffen” zum Thema Religionsunterricht. Die gesamte Bischofskonferenz traf sich mit Hochschullehrern, Praktikern, Vertretern von Schülern, Eltern und der Schulverwaltung.

Es war kein „Krisengipfel”. Trotz Kritik halten ja 84 Prozent der Österreicher den Religionsunterricht für „wichtig”. Es war ein Erfahrungsaustausch, und ein Zeichen gemeinsamer Verantwortung.

Der Religionssoziologe Christian Friesl (Universität Wien) wies nach, daß der Einfluß christlicher Traditionen und kirchlicher Praxis auf Jugendliche sinke, umgekehrt aber noch nie so viele Jugendliche sich für Religiöses interessierten, wenn auch außerhalb kirchlicher Formen. Was bei der Jugend zählt, ist „Sehnsucht nach dem Ich”. Fragen des Glaubens werden danach bemessen, ob sie zu mehr Leben und zu erfüllterem verhelfen.

An einem „runden Tisch” legten Religionslehrer ihre Erfahrungen dar. Schockierend war, wieviele Jugendliche ohne jedes religiöse Wissen in die Schule kommen - was nahmen denn deren Eltern aus dem Religionsunterricht mit? - und daß so viele unter erheblichen Defiziten familiärer Geborgenheit leiden.

Erfreulich waren das Selbstbewußtsein der Religionslehrer und ihr Mut, neue Herausforderungen anzunehmen. Nicht selten fühlen sie sich aber von den so unterschiedlichen Erwartungen von Eltern und Kirche überfordert und in ihrer Arbeit alleingelassen.

Der Fundamentaltheologe Jürgen Werbick aus Münster umschrieb den Religionsunterricht als „selbstlosen Dienst der Kirche für die Selbstwerdung der Jugend”. Er ist selbstlos, weil die Kirche nicht auf sich zentriert vorgeht, sondern die Jugend auf das Reich Gottes hin öffnen soll. Ein echter Dienst ist er dann, wenn Glaubenswahrheiten für das Leben relevant werden.

Wenn Religionsunterricht für die „Selbstwerdung” der Jugend so wichtig ist, dann erhebt sich erneut die Frage, welche Hilfe dafür die Schule denen anbietet, die keinen Religionsunterricht besuchen. Dafür zu sorgen hat aber der Staat und nicht die Kirchen.

Das Gipfeltreffen hat Gemeinschaft erleben lassen zwischen allen, die der Religionsunterricht trifft. Nur in größter Gemeinsamkeit wird man der Jugend und damit auch der Gesellschaft künftig diesen so unersetzlichen Dienst entsprechend anbieten können.

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