Russland und Ukraine: Die hartnäckige Inflation – und andere Sorgen

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Welche langfristigen wirtschaftlichen Folgen die Energieknappheit und der Krieg Russlands gegen die Ukraine haben könnten – und warum Europa seine Politik überdenken sollte. Ein Gastkommentar.

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Welche langfristigen wirtschaftlichen Folgen die Energieknappheit und der Krieg Russlands gegen die Ukraine haben könnten – und warum Europa seine Politik überdenken sollte. Ein Gastkommentar.

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Kommen wir durch den nächsten Winter, ohne frieren zu müssen? Und was kann man sich bei diesen Preisen mit einem bescheidenen Einkommen überhaupt noch leisten? Das fragen sich derzeit viele. Mit etwas Sparsamkeit, nicht nur bei Heizschwammerln, sollten wir den Winter überstehen. Europaweit wurden Kohlekraftwerke reaktiviert. Die Gasspeicher haben sich rascher gefüllt als befürchtet. Die Abhängigkeit von russischem Gas konnte verringert werden, aber ganz vorbei ist sie für Österreich und andere Länder noch nicht.

Auf ausreichende Wärme kann man also hoffen, auf niedrigere Preise nicht. Bei den aktuellen Rohstoffen für die Stromerzeugung wie Gas, Kohle und Holz ist die Nachfrage größer als das Angebot. Und die weltweite hektische Einkaufspolitik der Deutschen hat die Preise weiter in die Höhe getrieben.

Absurdes Preisfindungssystem

Die derzeitige Form der Preisfindung für elektrischen Strom orientiert sich an den Kosten des jeweils gerade teuersten Produzenten („Merit-Order-Prinzip“). Das wird als marktwirtschaftlich konsequent bezeichnet, aber das stimmt nicht, wie ein simples Beispiel zeigt: Stellen Sie sich einen freien Markt mit mehreren Geschäften für Gemüse vor, die bei völlig gleicher Qualität alle unterschiedliche Preise verlangen. Würden dann alle Käufer auf diesem Markt nur im teuersten Geschäft kaufen? Völlig absurd, aber so läuft das gegenwärtige Preisfindungssystem für Strom in Europa.

Insofern ist der Vorschlag von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Preise bei 180 oder gar nur bei 140 Euro je Megawattstunde zu deckeln und Übergewinne zugunsten der Produzenten mit höheren Kosten abzuschöpfen, durchaus sinnvoll. Aber die Übersetzung muss in nationalem Steuerrecht erfolgen – und das rückwirkend.

Das wird rechtlich nicht einfach. Und es wird Jahre dauern, weltweit genug zusätzliches Gas zu fördern, um den russischen Ausfall auszugleichen. Die aktuell vorhandenen Kapazitäten sind schon weitgehend verkauft. Das Liquid Natural Gas (LNG), das russisches Erdgas ersetzen soll, ist außerdem wesentlich teurer, weil es zuerst für den Export heruntergekühlt und vor der Nutzung wieder aufgetaut werden muss.

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