Kurz - © Foto: picturedesk.com  / Hans Klaus Techt / APA-Archiv

Sebastian Kurz und der Umgang mit Fehlern

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Warum sich der ehemalige Kanzler als unfähiger Krisenmanager erwiesen hat und die ÖVP nicht länger mit dem Gedanken spielen sollte, ihm die Rückkehr an die Spitze zu ermöglichen. Ein Gastkommentar.

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Warum sich der ehemalige Kanzler als unfähiger Krisenmanager erwiesen hat und die ÖVP nicht länger mit dem Gedanken spielen sollte, ihm die Rückkehr an die Spitze zu ermöglichen. Ein Gastkommentar.

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Wenige Monate nach Beginn der Corona-Pandemie ließ der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn mit folgendem Satz aufhorchen: „Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen.“ Das ist eine zutiefst christliche Erkenntnis. Die Bereitschaft, einander zu vergeben, gründet im Wissen um die eigene Vergebungsbedürftigkeit. Wer ohne Sünde ist, der werfe auf andere den ersten Stein, wie Jesus sagt. Die Corona-Pandemie hat Kräfte der Solidarität, des Gemeinsinns und der Nächstenliebe geweckt, aber auch Kräfte der Spaltung, der Entsolidarisierung und Rücksichtslosigkeit, der Gereiztheit und des Hasses.

Eine Kultur des Verzeihens kann helfen, die aufgerissenen Gräben in der Gesellschaft zuzuschütten und Schritte zur Versöhnung zu setzen. Auch in der Politik braucht es ein gewisses Maß an Barmherzigkeit im Umgang mit denen, die politische Verantwortung tragen. Sie mussten sich bei Ausbruch der Pandemie einer Situation stellen, für die es keine Blaupause gab. Politiker mussten und müssen weiter schwerwiegende Entscheidungen treffen, auch auf die Gefahr hin, das Falsche zu tun.

Verzeihung braucht Fehlerbekenntnis

Verzeihen ist allerdings nur möglich, wo Fehler auch eingestanden werden und um Vergebung gebeten wird. Schon richtig: Es geht jetzt vordringlich darum, nach Lösungen und nicht nach Schuldigen zu suchen. Teil der Krise sind aber nicht nur gravierende Fehler, die von der Politik begangen wurden, mangelnde Geschlossenheit und chaotische Kommunikation, sondern auch die Weigerung der Verantwortlichen, Fehler zuzugeben.

Immer noch gilt das Eingeständnis von Fehlern als Schwäche. Dabei ist es in Wahrheit ein Zeichen von Stärke und Größe. Zwar haben sich Gesundheitsminister und Bundeskanzler bei der Ankündigung des vierten Lockdowns für politische Versäumnisse entschuldigt, allerdings nicht für die gravierenden Fehler in den zurückliegenden Monaten. Zugleich schob Alexander Schallenberg die Schuld am Lockdown den Impfmuffeln zu. Selbstkritik schaut anders aus. So jedenfalls kann das massiv verspielte Vertrauen in die Politik nicht zurückgewonnen werden. Ohne die Ressource Vertrauen und den ernsten Willen, aus Fehlern zu lernen, ist die Krise, die inzwischen die Ausmaße eines Staatsversagens erreicht hat, nicht zu bewältigen.

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