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Sparpaket und Solidarität
In den letzten Jahren hat die Solidarität in unserem Land erschreckend abgenommen. Politiker sprechen von einer „postsolidarischen" Gesellschaft. Die Verhandlungen über das „Sparpaket" lassen eine Wende erhoffen. Die beiden bisherigen Koalitionspartner, im vergangenen Jahr so uneinig, daß die Regie-rung platzte, im Wahlkampf in heftiger Polemik gegeneinander, waren nun in kurzer Zeit solidarisch zu unpopulären Maßnahmen bereit. Die Oppositionsparteien reagierten, mit einer Ausnahme, erstaunlich moderat. Die Sozialpartner signalisierten trotz mancher Kritik grundsätzliche
Zustimmung. Offenbar war bewußt geworden, daß auf den eigenen Vorteil hartnäckig zu beharren bedeutet, diesen schließlich selbst in Gefahr zu bringen. Daß noch länger über seine Verhältnisse zu leben den erworbenen Wohlstand gefährdet und Österreich im Ausland die Beputation und Konkurrenzfähigkeit kostet.
Der gegebene Anlaß hat wieder einmal klar gemacht, daß große Krisen nur gemeinschaftlich, also solidarisch zu lösen sind. Noch wichtiger aber wäre die Erkenntnis, daß Solidarität eine unverzichtbare Grundhaltung für das gedeihliche, menschenwürdige Zusammenleben ist, das Gemeinwohl sichert und dem einzelnen als Gemeinschaftswesen erst die volle Selbstentfaltung ermöglicht.
Ob wir nach dem gemeinsam geschnürten Sparpaket auch sonst auf dem Weg zu mehr Solidarität als Grundhaltung sind, werden die weiteren Testfelder zeigen: der Umgang mit der wachsenden Armut im eigenen Land, das Arbeitslosenproblem, die Ausländerfrage, der Umweltschutz als Zeichen der Solidarität mit kommenden Generationen, die Hilfe für die Dritte Welt. Wer ist zu welchen Opfern für die Lösung dieser Fragen „solidarisch" bereit?
Solidarität ist eine Haltung, die eingeübt werden muß und zwar von Kindheit an. Die Familie ist der naturgegebene Ort, wo Persönlichkeitsentfaltung in erlebter Gemeinschaft erfolgt und Selbstbehauptung und Rücksichtnahme sich täglich begegnen und auch korrigieren. Es ist daher unverantwortlich, gerade bei einem so deutlichen Appell zu mehr Solidarität, wie rund um das Sparpaket, die Familie und Alleinerzieher empfindlich zu belasten. Man schwächt damit jene gesellschaftliche Kraft, aus der noch am ehesten die „Tugend" der Solidarität für morgen zu erwarten ist.
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