Staatsfinanzen: Wir müssen unsere Hausaufgaben machen!

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Trotz multipler Krisen ist bei den Staatsfinanzen keineswegs Katastrophenstimmung angebracht. Das eigentliche Problem sind fehlende Strukturreformen – und die Demographie. Ein Gastkommentar.

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Trotz multipler Krisen ist bei den Staatsfinanzen keineswegs Katastrophenstimmung angebracht. Das eigentliche Problem sind fehlende Strukturreformen – und die Demographie. Ein Gastkommentar.

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Keine Frage: Wir leben gesellschaftlich und wirtschaftlich in dramatischen Zeiten, die sehr gefährlich werden können. Dennoch wird auch bei Themen, die wir eigentlich ganz gut im Griff haben, eine Katastrophenstimmung herbeigeredet. Das mag für Zeitungsüberschriften gut sein, erschwert es aber, die wirklich relevanten längerfristigen Probleme zu identifizieren.

Ein gutes Beispiel für diese Diagnose ist die Situation der Staatsfinanzen. Diese befinden sich – anders als oft behauptet – keineswegs in einem katastrophalen Zustand. Eine differenzierte Sichtweise zeigt die wirklichen Herausforderungen auf. Immerhin befinden wir uns seit Anfang 2020 in einer Art Dauerkrisenzustand.

Vor der Covid-Krise befanden sich die Staatsfinanzen in gutem Zustand. Wir hatten 2019 einen Budgetüberschuss von 0,6 Prozent des BIP, der Schuldenstand betrug 70,6 Prozent des BIP und war (nach einem Höchststand von fast 85 Prozent im Jahr 2015) auf dem Weg nach unten. Dadurch konnte Österreich die finanziellen Herausforderungen der Covid-Krise gut bewältigen. Immerhin rutschte das Land in die schwerste Rezession der Nachkriegszeit – das reale BIP sank 2020 um 6,7 Prozent! Zwei Jahre lang hat die Pandemie alle fiskalischen Kennzahlen geprägt – durch den Einbruch der Staatseinnahmen aufgrund der Rezession und durch das Wachstum der Ausgaben aufgrund der vielen Hilfsmaßnahmen.

Schulden fast auf Vor-Pandemie-Niveau

Noch im Spätherbst 2021 prognostizierte der Fiskalrat, dass sich das staatliche Defizit von 6,2 Prozent (2021) auf nur mehr zwei Prozent im Jahr 2022 reduzieren würde. Für 2024 konnte man bereits ein ausgeglichenes Budget erwarten. Die Republik schien durch Covid aufgrund des Wirtschaftsaufschwungs keine nachhaltigen finanziellen Schäden zu erleiden. Auch der Schuldenstand wäre bis 2025 wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgegangen.

Dann aber kam die Inflation – bedingt durch die Energiepreise und die Lieferkettenprobleme, die zu einer Verteuerung vieler Vorleistungen der Industrie führten. Und danach die Verstärkung der Energiepreissteigerungen durch den Ukraine-Krieg und die Unsicherheit über die Stabilität der Energieversorgung. Dennoch: Nach heutigem Stand der politischen Beschlüsse (vor allem „Teuerungsausgleich“ und „Energiepaket“ zur Inflationsbekämpfung) würde das Budgetdefizit heuer nur auf minus 2,5 Prozent (oder ein wenig mehr) wachsen und im Jahr 2023 schon viel niedriger sein. Denn der Staat ist kurzfristig ein Inflationsgewinner und die Steuereinnahmen wachsen rasch.

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