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Was doch noch Gutes herauskam

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Noch nie hat ein römisches Dokument so negative Reaktionen ausgelöst wie jener Brief der Glaubenskongregation mit dem strikten Kommunionverbot für wiederverheiratete Geschiedene. Die in einer solchen Zweitehe lebenden Katholiken begreifen nicht, daß sie ohne Rücksicht auf ihre innere Disposition generell von den Sakramenten ausgeschlossen sein sollen. Seelsorger sehen sich in der Praxis außerstande, das Verbot strikt einzuhalten. Wozu war das Schreiben gut?

Es hat in seinem rigorosen l’on dramatisch die Sorge um die heute so bedrohte Ehe gezeigt. Ein Anlaß, nicht nur das Prinzip der Unauflöslichkeit zu verteidigen, sondern die Gründe zu erforschen, warum heute so viele Ehen, auch guter Christen, zerbrechen und wie man zum besseren Gelingen verhelfen könnte.

Zweitens hat das Schreiben bewirkt, daß nun in aller Öffentlichkeit die Pastoral an wiederverheirateten Geschiedenen diskutiert wird. Selbst Priester, die sich bislang dieser Frage nicht stellten, müssen es nun tun, und die Gemeinden selbst fühlen sich für die Betroffenen verantwortlich.

Unerwartet wurde ein Meinungsbildungsprozeß größten Ausmaßes stimuliert und eine fast leidenschaftliche Suche nach pastoralen Lösungen provoziert.

Ein Drittes: Bischöfe vertreten öffentlich zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen. Manche beklagen diese „Uneinigkeit“. Tatsächlich aber zeigen die Bischöfe, daß sie Weisungen römischer Ämter nicht nur zu exekutieren haben, sondern als Glieder des Bischofskollegiums selbst Verantwortung für das Lehramt und eigenständige Verantwortung in ihrer Ortskirche tragen.

Es gibt keinen Dissens über die Unauflöslichkeit der Ehe, wohl aber, welche pastorale Hilfe Menschen in einer Zweitehe geleistet werden kann. Viele Bischö-fe, manchmal sogar ganze Bischofskonferenzen, denken nun über das römische Dokument hinaus für den Einzelfall weiter. Ein solch pastorales Weiterdenken erwarten wohl auch viele Katholiken Österreichs von jener Studientagung, zu der sich ihre Bischöfe bald treffen werden.

Den Bischöfen Saier, Lehmann und Kasper sei für den Hirtenbrief gedankt, in dem sie theologisch vertretbare pastorale Lösungen aufgezeigt haben. Der römische Brief, offenbar eine Reaktion darauf, hat mehr ins Rollen gebracht, als die Verfasser ahnten und wollten.

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