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Wende in der Innenpolitik

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So gesehen, kann das Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen eine Wende in der deutschen Innenpolitik darstellen. Nicht in der Weise, daß sie eine Epoche der SPD mit einer absoluten SPD-Mehrheit einleitet. Diese ist unwahrscheinlich, zumal die SPD in Landtagswahlen immer besser abschneidet, weshalb die Wahl in Nordrhein-Westfalen also keine zuverlässigen Vergleichs zahlen liefert. Eine absolute Mehrheit der SPD kann nur dann in greifbare Nähe rücken, wenn die CDU auf ihrem bisher eingenommenen Kurs bleibt. Die Regierungsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen haben die letzte Konsequenz eines „bürgerlichen Frontdenkens“ — hie Bürgerliche, hie Sozialisten — gezeigt, das zwar gleichzeitig die letzte Konsequenz der Entwicklung unter

Adenauer und Erhard darstellt, so aber zu einem Kampf der Parteien werden mußte, bei dem die Politik auf der Strecke blieb und der über kurz oder lang zu einer Krise der Demokratie führen muß. Er macht aber deutlich, wie restlos Erhard die anfangs so große Chance, ein Volkskanzler über den Parteien zu sein, vergeben hat.

Leiten die Ereignisse in Nordrhein-Westfalen eine neue Epoche einer zielbewußten Opposition ein, wie die ersten Kommentare der SPD vermuten lassen, so kann dies zur Gesundung der politischen Verhältnisse insofern beitragen, als es die Rolle des Parlaments stärkt. Auch wenn sich der Graben zwischen SPD und CDU fürs erste vertiefen würde, wäre dies kein Nachteil, sofern sich die FDP auf ihre eigentliche Rolle, Mittlerin zu sein, besinnt. Bleibt sie bei ihrer jetzigen Politik, so wird sie über kurz oder lang zum Wählerreservoir für die CDU. Sie würde dann die Rechtsentwicklung der CDU verlängern, die diese Partei auf die Dauer gesehen unfähig machen muß, die Probleme der deutschen Politik zu meistern. Mit einem reinen Rechtskurs, wie er sich heute in der Innen- und Außenpolitik ankündigt, kann die Bundesrepublik in einer freien Welt nicht existieren, in der ein rechts gerichtetes Deutschland zu ungute Erinnerungen wachruft.

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