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Schwerwiegende Folgen wird der technische Fortschritt für den Kommunikations- und Mediensektor haben: Die Vernetzung der Datensysteme ermöglicht das Zusammenführen von Information über jeden von uns (Stichwort „Gläserner Bürger"); die Undurchschaubarkeit der Software in den Computern bietet deren Hersteller im Prinzip die Möglichkeit, auf den persönlichen Inhalt von Personal-Computer zuzugreifen; die internationalen Netze, die „Daten-Autobahnen", eröffnen kriminellen Organisationen ganz neue Möglichkeiten und sie können zur Verbreitung von sozialschädlichem und politisch zerstörerischem Gedankengut mißbraucht werden.

Soweit einige Gefahren der absehbaren Enwicklung auf dem Kommunikationssektor, die im Bahmen einer Vortragsreihe der „Zukunftswerkstatt", geäußert wurden. Nicht reaktionäre Finsterlinge, sondern „Vordenker" der Sozialdemokratischen Partei kommen dort zusammen. Die Kommunikationstechnologien würden in absehbarer Zukunft bisher unbekannte Politikprobleme schaffen, stellte etwa Ursula Maier-Rabler von der Universität Salzburg fest. Vor einer Ent-politisierung durch Überfütterung mit zusammenhangloser Information warnte Dozent Gerald Steinhardt von der Technischen Universität Wien. Mag sein, daß einiges überzogen ist. Fraglos wirft die Einführung dieser neue Mittel der Kommunikation aber eine Reihe grundsätzlichen Fragen auf, die bisher weder auf breiter Ebene diskutiert, noch beantwortet worden sind.

Da wäre es doch wohl angebracht zuerst klarzustellen, ob diese Segnungen den Investitionsaufwand lohnen und welche Gefahren wir auf jeden Fall vermeiden wollen. Das entspräche doch dem so gern hervorgehobenen Prinzip des rationalen Vorgehens: Klarzustellen, was man will, und erst dann entsprechend zu handeln.

Wie aber spielen sich die Dinge tatsächlich ab? Man beruft sich auf den freien Markt. Er reguliere die Entwicklung am besten. Nur: Was heißt auf diesem Sektor „freier Markt"? Einer relativ kleinen Zahl mächtiger Anbieter, die alles daransetzen, ihre Märkte zu erweitern und neue Produkte abzusetzen, steht eine unüberblickbare Zahl nicht, mangelhaft oder einseitig informierter Konsumenten und ein Gruppe politisch Verantwortlicher gegenüber, deren Hauptanliegen die möglichst steil nach oben zeigenden Wirtschaftsindikatoren sind.

Diesen Politikern wird suggeriert, sie würden ihre Länder ins Abseits steuern, wenn sie nicht alles unternähmen, um sich an den „Info-llighway" anzuschließen. Und welcher Politiker will sich schon das Image einhandeln, nicht die Hand am Puls der Zeit zu haben? Und so bauen die Entscheidungsträger eifrig an der Infrastruktur für das „globale Dorf" mit.

Warum wird nicht endlich einmal ernsthaft die Frage aufgeworfen und zur Debatte gestellt, ob die Menschen überhaupt in einem globalen Dorf leben wollen? Es ist doch unsinnig, sich allein von den technischen Möglichkeiten den Lebensstil von morgen vorgeben zu lassen -egal ob er zuträglich erscheint oder nicht. Man ahnt zwar, daß es große Probleme geben wird; tröstet sich aber damit, daß einem schon rechtzeitig etwas zu deren Lösung einfallen wird. Welch ein unvernünftiger Zugang!

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