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Soviele Superstars auf einer Platte! Das hat es noch nie gegeben: Leonard Bernstein, Vladimir Ho-rowitz, Yehudi Menuhin, Isaac Stern, Dietrich Fischer-Dieskau, Mstislav Rostropowitsch, Mitglieder der New Yorker Philharmoniker, die New Yorker Oratorio Society ... Und keiner trumpft als großer Star, als eigenwilliger-Solist auf. Jeder hat sich vielmehr einen Partner gewählt, mit dem er ganz bescheiden unerhört intensiv musiziert.

Der Grund, daß sich diese Spitzenreiter internationaler Publikumsgunst und internationalen Musikgeschäfts zusammenfanden, ja, sogar schließlich in einer für sie höchst ungewöhnlichen Beschäftigung sich präsentierten - nämlich als Sänger in Händeis Haleluja! -, war für die USA spektakulär genug: 85 Jahre Carnegie Hall - ein Jubiläum des berühmtesten Konzertsaals der Welt (wenn auch durchaus nicht des ältesten, wie der etwas dick auftragende CBS-Plat-tencover glauben machen will!).

„Konzert des Jahrhunderts“ nannten die Amerikaner stolz dieses Spektakel am 18. Mai 1976 und sorgten dafür, daß der Reinertrag nicht zu karg ausfiel. Eine runde Million Dollar kam da zusammen, mit der eine „Carnegie Hall Nationalstiftung“ gegründet wurde und der Saal renoviert werden soll.

Die Plattenfirma CBS hat dieses Kuriosum des Konzertbetriebs für alle Neugierigen, die damals nicht dabei waren, und für alle, die sich daran erinnern wollen, aufgezeichnet. Schlicht und stilvoll, erlesene Kammermusikkultur - das bieten diese Aufnahmen. Etwa Stern, der mit Rostropowitsch und Horowitz Taschalkowskis a-Moll-Trio ungemein diskret gestaltet; schlanke barocke Eleganz, wie Menuhin und Stern (mit Bernstein als Conti-nuo-Begleiter) Bachs d-Moll-Kon-zert für zwei Violinen mit kostbarem Ton modellieren; oder wie Fischer-Dieskau mit Horowitz am Flügel in Schumanns „Dichterliebe“ Zwiesprache hält. Eine Platte für Kenner.

CONCERT OF THE CENTURY -zum 85jährigen Bestand der New Yorker Carnegie Hall; mit Leonard Bernstein, Dietrich Fischer-Dieskau, Vladimir Horowitz, Yehudi Menuhin, Mstislav Rostropowitsch, Isaac Stern; Oratorio Society, Mitglieder der New Yorker Philharmoniker; CBS 79200; 2 LPs.

Wie nur wenige große Oratorien hat man Franz Schmidts „Buch mit sieben Siegeln“ auf dem Plattenmarkt vernachlässigt. Jetzt liegt dieser 1935 bis 1937 komponierte „Schwanengesang an die Menschheit“, ein Stück meisterhafter Chorsatzkunst und aparter Orchestrierung, in einer beeindrückenden Aufnahme vor. Sie stellt vor allem dem 1971 gegründeten Grazer Concert Chor und seinem Leiter, Alois Hochstrasser, ein hervorragendes Zeugnis aus: Intensität der Farben, der Elan, mit dem er die Riesenform gestaltet, die klarlinige Führung von Chor- und Solistenstimmen (Anton Dermota, Robert Holl, Margarita Kyriaki, Hertha Töpper, Thomas Moser, Artur Korn) imponieren. Und Hochstrasser versteht es auch, Schmidts eigenwillige Tonsymbolik, diese schillernde Klangwelt, mit suggestiver Kraft nachzuvollziehen. Die akustischen Komplikationen des „gläsernen Meers, gleich dem Kristall“, der apokalyptischen Reiterszenen, die panischen Schrecken des „Feuersees“ sind auch aufnahmetechnisch tadellos bewältigt.

FRANZ SCHMIDT: Das Buch mit sieben Siegeln; mit Anton Dermota, Robert Holl, Margarita Kyriaki, Hertha Töpper, Thomas Moser, Artur Korn; Grazer Concert Chor, Tonkünstler; Dirigent: Alois Hochstrasser; Preiser 3263/64; 2 LPs.

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