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Diskriminiert alsEhepaar

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Eine junge Familie, der Vater ist Student, die Mutter Lehrerin, hat nach der Geburt des ersten Kindes während des Karenzjahres das erhöhte Karenzurlaubsgeld erhalten. Sie wohnen nicht am Studienort des Mannes, sondern dieser pendelt in die Universitätsstadt. Die Mutter möchte auch im zweiten und dritten Lebensjahr des Kindes bei diesem bleiben, da keine Großeltern für die halbtägige Betreuung des Kindes vorhanden sind.

Die Sondemotstandshilfe würde bei einem sparsamen Leben die notwendige finanzielle Grundlage geben. Vom Arbeitsamt wird der jungen Familie mitgeteilt, daß aber kein Rechtsanspruch auf die Sondernotstandshilfe (verräterisch genug: ein Kind ist ein Sondemot- stand!) besteht. Ein wohlmeinender Mensch rät sogar zur Scheidung und zu einer Lebensgemeinschaft. Dann bestünde nämlich ein Anspruch.

Unglaublich, nein leider wahr.

Unselbständig erwerbstätige Mütter erhalten bis zum Ende des ersten Lebensjahres des Kindes ein Karenzurlaubsgeld. Dieses beträgt 1989 für verheiratete und nicht alleinstehende Mütter 4.524 Schilling monatlich. Alleinstehende Mütter haben Anspruch auf ein um 50 Prozent höheres Karenzurlaubsgeld, 1989 sind das 6.765 Schilling. Aber auch verheiratete oder in Lebensgemeinschaft lebende Mütter, deren Ehegatte/Partner “kein oder nur ein geringes Einkommen erzielt oder erwiesenermaßen nicht für den Unterhalt des Kindes sorgt“, haben seit 1983 Anspruch auf dieses erhöhte Karenzurlaubsgeld.

“Alleinstehenden Müttern, die wegen der Betreuung des Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, ist bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres dieses Kindes Notstandshilfe zu gewähren, sofern der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist und, mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit, die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt werden“, ist im Arbeitslosenversicherungsgesetz vorgesehen. Die Höhe dieser finanziellen Hilfe richtet sich nach dem vorherigen Verdienst aus dem Erwerbsleben.

Ebenso wie für das Karenzurlaubsgeld wird auch für diese Maßnahme im Gesetz definiert: “Als nicht alleinstehend gilt eine Mutter, die ledig, geschieden oder verwitwet ist und mit dem Vater des unehelichen Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes… an der gleichen Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre.“

In Ergänzung zu dieser Definition wird jedoch für die Notstandshilfe folgende Ausnahme vorgesehen: “Mütter, die mit dem Vater ihres unehelichen Kindes nicht verheira-

tet, jedoch an der gleichen Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären, erhalten Sondemotstandshilfe, wenn der Vater des unehelichen Kindes kein oder ein geringes Einkommen hat. Der Vater des unehelichen Kindes ist hiebei einem Lebensgefährten gleichzuhalten.“

Durch diese 1987 vorgenommene Ergänzung des Gesetzestextes erhalten auch in Lebensgemeinschaften lebende Mütter unter den gleichen Bedingungen wie für das erhöhte Karenzurlaubsgeld die Sondernotstandshilfe, verheiratete Mütter nicht.

So wichtig eine finanzielle Hilfe für Mütter mit Kleinkindern ist und so richtig es ist, Müttern die Betreuung ihres eigenen Kindes im Interesse von Mutter und Kind auch im zweiten und dritten Lebensjahr durch finanzielle Hilfe zu ermöglichen, sollten doch gleiche Situationen nicht imgleich behandelt werden.

Ausgehend von einer vom Laienrat der Diözese unterstützten Initiative des Katholischen Familienverbandes St. Pölten hat der Katholische Familienverband Österreichs den Bundesminister für Arbeit und Soziales, Walter Geppert, dringend ersucht, dafür zu sorgen, daß in der bevorstehenden Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes diese Diskriminierung verheirateter Mütter beseitigt wird. Die Fami- Henministerin wurde ebenso wie die Familiensprecher sowie die Sozialsprecher der vier Parlamentsparteien um Unterstützung bei der Realisierung dieses Anliegens gebeten.

Die Diskriminierung der Ehe in unserem Staat, imglaublich, aber leider wahr

DerAutorist Generalsekretär dea Katholischen Fami- lienverbandes Österreichs.

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