7023810-1989_03_16.jpg
Digital In Arbeit

Dörfer schöner gestalten

Werbung
Werbung
Werbung

Schon seit Jahren ist das Bundesland Niederösterreich zu einem Wegbereiter der Dorferneuerung geworden. Im Jahre 1980 wurde der erste Schritt gesetzt, mit der Aktion „Niederösterreich schön erhalten — schöner gestalten“, um die Zerstörung unserer Dörfer durch die Modernismen der fünfziger und sechziger Jahre einzudämmen und wieder an die Tradition anzuknüpfen.

Der jüngste Schritt sind nun die Bemühungen der Denkmalpflege, die nicht nur die Spitzenleistun-

gen der Kunst vergangener Jahrhunderte, sondern auch Zeugen der Technik, der Wirtschaft, der tiefen Religiosität oder des Lebens umfassen. Ihr Verlust würde uns um wichtige Spuren unserer Kultur berauben. Gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt und gestützt auf die Erfahrungen mit der Ortsbildgestaltung werden diese Initiativen gesetzt.

Ungefähr 40.000 Kulturgüter mit Denkmalcharakter, darunter etwa 1.000 Kirchen und einige hundert Burgen, Schlösser und Ruinen machen Niederösterreich zu einem kulturhistorisch bedeutenden Teil Österreichs. In den letzten drei Jahren hat das Land Niederösterreich für Denkmalpflegemaßnahmen zirka 150 Millionen Schilling an Subventionen ausgegeben. Rechnet man die Mittel des Bundes dazu, wurde fast eine viertel Milliarde Schilling - ohne Regionalisierungsgel-der - für die Erhaltung denkmalgeschützter Objekte bereitgestellt.

Etwa das Fünf- bis Siebenfache macht aber das Gesamtbauvolumen im Bereich der Denkmalpflege aus. Daraus sind die wirtschaftlichen Impulse ersichtlich, die sich aus diesen Subventionen besonders in den ländlichen Regionen ergeben. Ein hoher Anteil davon ist qualifizierte handwerkliche Arbeit für Klein- und Mittelbetriebe.

Ein erfreulicher Nebeneffekt ist die Wiederentdeckung traditioneller Baumethoden und Baumaterialien, die im Stil unserer Zeit kulturelle Werte für die nächste Generation bewahren, ohne Überliefertes zu zerstören.

So konnte etwa das Stift Dürnstein vor dem drohenden Verfall nur durch ein gemeinsames Vorgehen von Bund, Land und Diözese und die großzügige Spendentätigkeit der Bevölkerung gerettet werden, es befindet sich heute in einer weit fortgeschrittenen Phase der Restaurierung. Aber auch Stift Ardagger, die Stifte Geras und Pernegg im Waldviertel, die unter Josef II. aufgelassene Kartause Gaming oder der Pöl-tingerhof in Pulkau sind Beispiele für Initiativen zur Substanzsicherung, die bereits zu umfassenden Restaurierungen geführt haben. Ins Leben gerufen wurde auch der Archäologische Park Carnuntum, dessen Ausbauabschnitte bis in das Jahr 2000 reichen.

Nicht nur Erhaltungsmaßnahmen, sondern auch neue Nutzungen für denkmalgeschützte Objekte sind notwendig, wenn diese vor dem Verfall bewahrt werden sollen. So wurde die ehemalige Spinnerei Pottenstein revitali-siert und wird in Hinkunft als Straßenmeisterei Verwendung finden. Innovative Strategien und Utopien sind gefragt, um neue Wege der Nutzung und der Erhaltung aufzuzeigen.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt wird derzeit ein Prioritätenkatalog erarbeitet, der einen sinnvollen Einsatz der finanziellen Mittel garantieren soll. Die Liste reicht vom Kalva-rienberg in Heiligenkreuz über die romanische Kirche in Schön-grabern, die Pfarrkirche Stran-zendorf, die Synagoge in Baden, Schloß und Park Ernstbrunn, das Sanatorium Purkersdorf, zahlreiche Industriedenkmale und Arbeitersiedlungen bis zu den großen barocken Schloßanlagen, deren Erhaltung besonders schwierig geworden ist. Neue Wege der Finanzierung werden dafür notwendig sein.

Die neu entstandene Schriftenreihe zur Denkmalpflege in Niederösterreich will über die verschiedensten Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln informieren, sie wird im Frühjahr mit dem Band „Historische Gartenanlagen“ fortgesetzt.

Großes Augenmerk legt Niederösterreichs Denkmalpflege auch auf die vielen kleinen Denkmale, die Marterln, Bildstöcke, Kapellen und so weiter, deren Erhaltung neben finanziellen Mitteln auch der Pflege bedarf, die von der Bevölkerung geleistet werden kann. Dies wurde in einer Modellaktion in Pulkau in den vergangenen zwei Jahren deutlich demonstriert.

Wie in der Dorf erneuerung muß auch in der Denkmalpflege die Eigeninitiative geweckt und in den Besitzern — von der Gemeinde bis zur Einzelpersonen — das Bewußtsein gefestigt werden, daß jedes Objekt fester Bestandteil des Lebens und der Kulturgeschichte im Lande ist. Das Land PKederösterreich kann gemeinsam mit dem Bund, insbesondere mit dem Landeskonservatorat für Niederösterreich finanziell und beratend eingreifen.

Daß im Einzelfall auch die Mitarbeit der Bevölkerung möglich ist, hat das sehr positive Beispiel der Restaurierung der alten Winzendorfer Pfarrkirche gezeigt. Aber die komplexen Vorgänge der Restaurierung zwingen zu fachmännischer Arbeit, die Laien nur unterstützen können.

Der Autor ist Landeshauptmann-Stellvertreter und Kulturlandesrat von Niederösterreich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung