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Dolmetsch zwischen den Blöcken

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Als Anfang der achtziger Jahre der Kunstmarkt in immer rasantere Bewegung kam, erfaßte dieser Boom auch Österreich. Ein neuer Kunstausdruck brachte auch mehr Aufmerksamkeit für die Galerien, häufigere Präsenz in den Medien, mehr Verkäufe. Die österreichischen Galerien konnten sich durch Beteiligungen an Ausstellungen und Messen in der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz, später auch in anderen Ländern, gut entwickeln.

Die neuen Regeln im Kunstmarkt forderten jedoch immer größeren Werbeaufwand, immer häufigere Präsenz auf Messen. Obwohl sich auch in Österreich das Interesse an moderner Kunst steigerte, sind trotzdem die großen österreichischen Galerien heute nicht in der Lage, sich aus der Aufmerksamkeit und dem Verkauf in Österreich alleine zu erhalten.

Diese Aufwärtsentwicklung hält aber — trotz einiger Versuche, neue Kunstrichtungen zu lancieren (etwa die Kunstrichtung Neo-Geo) — nicht an. Im Gegenteil, sie droht sogar wieder rückläufig zu werden. Das Gedränge im Kunsthandel wird indes größer. Immer mehr Messen werden veranstaltet, in der Bundesrepublik jährlich im traditionellen Köln, in Hamburg und ab dem nächsten Jahr auch in Frankfurt, in der Schweiz in Basel. Spanien, Frankreich, die Niederlande und Italien sind inzwischen ebenfalls vertreten. Neue Messen mit starken Impulsen bieten auch die USA.

Für die Kunsthändler scheint es daher nur eine Möglichkeit des Uberlebens zu geben: immer häufigeres Dabeisein. Viele Galerien

Von HANS KNOLL schaffen inzwischen vier Messen pro Jahr. Eine gewaltige Leistung, denn jede Messe stellt an Galeristen und Mitarbeiter große Anforderungen. Viel Einsatz ist nötig, um das Erreichte zu erhalten.

Eine Folge all dieser Aufwendungen für die Vermarktung von Kunst ist aber, daß weniger junge Kunst gezeigt werden kann. Dazu kommt, daß sich die Nachfrage vermehrt auf Klassiker der Moderne verlagert. Es gibt für diejenigen, die noch nicht in diesem Markt drinnen sind, keine allzu großen Chancen: Zu viel Kapital ist bereits notwendig, um überhaupt Beachtung zu erzeugen.

Für die österreichischen Galerien ist es wichtig, am westlichen Kunstmarkt überhaupt beteiligt zu werden. Doch ist dort bestimmt kein größer Aufschwung mehr für unseren Kunsthandel zu erwarten.

Ein großes Problem hat Österreich noch: Es sind zu wenige internationale Ausstellungen zu sehen. Das hat zu tun mit dem noch immer zu geringen Interesse des Publikums an fremder Kunst, mit mangelnder Aktivität der zuständigen Stellen und vor allem auch damit, daß zuwenig Mittel zur Verfügung stehen. Die westliche bekannte Kunst nach Österreich zu holen, bedeutet große Aufwendungen (die in Wien offensichtlich nur für populistische Großausstellungen vorhanden sind). In unseren Museen ist bereits jetzt der Großteil der modernen Kunst nicht vertreten — sie könnte, auch wenn man wollte, aus dem vorhandenen Budget nicht mehr bezahlt werden.

Kontakte zu anderen Ländern sind in der Kunst etwas überaus Wichtiges, ja Notwendiges. Ohne die befruchtende Auseinandersetzung bewegte sich die Kunst (und auch deren Vermarktung) in immer denselben Kreisen. Gerade durch die vielen Austauschmöglichkeiten mit anderen Ideen, anderen Gedanken, Gefühlen und Lösungen ist die Kunst erst in der Lage, Ansätze für jeden Betrachter zu bieten. Dazu braucht es jedoch bestimmt keines gemeinsamen Marktes. Bereits jetzt funktioniert der Informationsfluß mit den Ländern der Europäischen Gemeinschaft gut; im Informationszeitalter sollten Grenzen auch keine Rolle spielen.

Noch nicht so gut funktioniert der Austausch von Wissen und Information mit den Ländern Osteuropas. Die osteuropäische Kunst, bisher einerseits oft als der westlichen Entwicklung um einige Jahre hinterherhinkend betrachtet, andererseits neuerdings gar als großer Modetrend vermarktet (in der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und den USA ist ein „Russenboom“ zu beobachten), bietet doch genug interessante Kunst, um wirklich ernst genommen zu werden.

Österreich hat in seiner geographischen, wirtschaftlichen und politischen Situation beste Möglichkeiten, diese Kunst zu präsentieren und in den internationalen Markt einzubringen. Wir sollten diese Vorteile nutzen und damit die Entwicklung zu einem wirklich ganzen Europa fördern.

Der Autor ist Besitzer der „Galerie Knoll“ in Wien.

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