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„Don Giovanni und Konzerte

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Geradezu deprimierenden Eindruck hinterläßt Mozarts „Don Giovanni“ als Repertoirevorstellung der Staatsoper. Schenks Regie ist nur noch fragmentarisch vorhanden, im Orchester, unter Heinrich Hollreiser, herrschen Schlampereien vor; und das Sängerensemble: ungleichwertig, unausgeglichen, von bedenklicher Zufälligkeit der Zusammenstellung. Just da debütierte Robert Kerns in der Titelpartie. Eine stimmlich runde, überzeugende Leistung. In den Details wohldurchdachte, sauber gestaltete Arien, in denen Kerns seinen in allen Lagen gleichmäßig gut entwickelten Bariton klug einsetzt und führt. Im Spiel wird er freilich manches stärker differenzieren und mehr Persönlichkeit entfalten müssen. Ebenfalls neu besetzt war Annabelle Bernard aus Berlin, die für Edda Moser als Donna Anna einsprang: die Höhe ist zu dünn, entfaltet wie die etwas fahle Tiefe zuwenig Ausdruckskraft, dazwischen herrscht brauchbarer Durchschnitt. Wilma Lipp singt noch immer die Donna Elvira, obwohl die Partie für ihre Stimme nicht mehr geeignet ist. Überzeugend Olivera Mil-jakovic (Zerline), Stuart Burrows (Ottavio) und Wolter Berry (Leporello).

Viertes Abonnementkonzert der Philharmoniker im MustJcwerein, erstmals ein „Philharmonisches“ unter Eugen Jochum. Man hätte sich die Begegnung besser erspart. Beethovens „Eroica“ ist vom Orchester wohl schon lange nicht so oberflächlich, mit groben Kontrasten und sonst grau in grau aufgeführt worden. Mangelte es doch der Wiedergabe an feinerer Differenzierung, an Plastizität im Trauermarsch, klarer Durchzeichnung im Allegro-Finale. Die Hörner taten ein übriges... ! Mehr Beziehung zeigte Jochum zu Mendelssohns „Italienischer Symphonie“, deren Zug zu romantischer Groteske, schwelgerischer Lyrik, zu theatralischem Tanzschwung er überzeugender realisierte. Karlheinz Roschitz *

In einem von Gottfried Preinfalk geleiteten Konzert des österreichischen Rundfunks fiel dem ORF-Chor die Rolle des Protagonisten zu. In zwei Gesängen aus den „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz, die sich Fürst Heinrich Reuß noch zu Lebzeiten für seine Totenfeier schreiben ließ, entfaltete der Chor seine Klang- und Farbtöne in schönster Weise und sicherster Dosierung, wurde aber in beiden Disziplinen bis zur Grenze beansprucht in Paul Hindemiths „Messe für gemischten Chor a cappella“, die bei aller Größe des Konzepts und aller Enge der Kontrapunktik eine gewisse Schroffheit des Klanges aufweist, die zu trockenen Stellen werden kann, und die nur im „Agnus“ alle Fäden zu gefühlsgetragenem, weichem Ausdruck vereint. Sauberkeit der Intonation und maßgerechte Abtönung der Stimmen gehen ebenso zugunsten des Chores als seines Leiters. Leichte Ermüdungseindrücke ließen sich in den Stimmen dennoch nicht ganz vermeiden. Diese waren auch dem Frauenchor in Oliver Messiaens „Trois petites li-turgies de la presence divine“ anzumerken, was freilich bei solcher Beanspruchung kaum noch anzukreiden ist. Das dreiteilige Werk, 1943 bis 1944 entstanden, ist in seiner stupen-den Technik und verzweigten rhythmischen Systematik kaum a prima vista ganz zu fassen; dennoch reißt es den Hörer mit. Zartheit und Turbulenz zugleich fesseln ihn von Beginn an und führen in metaphysische Höhen. Außer den Solisten Heide Stackmann (Sopran), Janka Sanjek (Ondes Martinot) und Kurt Richter (Klavier) meisterten Mitglieder des ORF-Symphonieorchesters eine diffizile Aufgabe, und Hans Haselböck wirkte, einleitend und zwischenspielend, stets profiliert an der Orgel.

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