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Draufzahler sind wir alle

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Das Frachtgewerbe und die transportierenden Unternehmen befürchten vom neuen „Straßenverkehrsbeitrag“ - wie die Lkw-Steuer offiziell genannt wird - neue Nachteile für die inländische Wirtschaft, der Finanzminister kontert, die Steuer sei konkur-enzneutral, ja sie verbessere sogar die Position der Inländer, da diesen die Steuer pauschaliert würde.

Die Frage ist nur, ob wir nicht die Rechnung ohne Wirt gemacht haben. Die ausländischen Transportunternehmen verlangen von ihren Staaten vehement Repressalien gegen Österreich, widrigenfalls sie in Eigenregie Aktionen setzen und die österreichischen Grenzübergänge blockieren werden.

Was immer passieren wird, eines steht bereits fest: Die Frachtkosten werden steigen und der Konsument wird letzten Endes dafür bezahlen müssen. Die Inflationsschraube wird von der Regierung wieder in Schwung gebracht.

Die Lkw-Steuer ist wieder ein Musterbeispiel einer falschen Lösung für ein echtes Problem- ein Beispiel dafür wie eine primär verkehrspolitische Aufgabe einzig und allein fiskalpoli-tisch „gelöst“ wird: Der Finanzminister braucht Geld und will dies so rasch und so sicher wie möglich erhalten. Daß dabei jede zielführende Verkehrskonzeption auf der Strecke bleibt, spielt keine Rolle.

Neben den Mehreinnahmen rechnet Androsch noch mit einem Nebeneffekt: Mit einer Verlagerung des Verkehrssubstrats von der teurer gewordenen Straße zu den Bundesbahnen und als Folge davon mit einer Reduktion von deren Defizit. Die transportierende Wirtschaft ist allerdings skeptisch:

Der „durchschnittlich“ 25prozen-tige Kapazitätsüberhang der Bundesbahnen ist in den meisten Fällen nicht dort und dann disponibel wo und wann er gebraucht wird - nämlich auf den stark frequentierten Strecken zu den saisonalen und wöchentlichen Spitzenperioden.

Schwere Organisationsmängel der Bahn führen zu exzessiv langen Transportzeiten und schümmer noch - zu nicht eingeplanten Verzögerungen bei häufig unsachgemäßer Behandlung des Transportguts.

Rationelle Verladeeinrichtungen fehlen in sehr vielen Bahnhöfen, so daß die Wirtschaft doch immer wieder gezwungen sein wird, auch auf den verteuerten Straßentransport zurückzugreifen.

Es fehlt an leistungsfähigen Zustelldiensten seitens der Bahn.

Doch sehen wir einmal von der Konkurrenz zwischen Schiene und Straße ab. Was sind denn nun eigentlich die Probleme, die durch eine verkehrskonforme Steuerpolitik gelöst werden sollten? In erster Linie geht es um folgendes:

Auf Grund der geographischen Lage Österreichs werden die Straßen weit über dem internationalen Durchschnitt von ausländischen Fahrzeugen, frequentiert, ohne daß diese einen Beitrag zu dem durch sie notwendig gewordenen Mehraufwand für Straßenbau und Straßenerhaltung.

Der Lkw-Verkehr, speziell der Schwerlastverkehr, leistet einen relativ zu geringen Beitrag für Straßenbau und -Instandhaltung, er wird praktisch auf Kosten des Pkw-Fahrers und des Steuerzahlers subventioniert.

Für die Lösung des Problems Nummer 1 existieren aber verkehrspolitisch korrektere und mit den internationalen Verträgen kompatiblere Lösungen als die Vom Finanzminister anvisierte:

• Eine Transitsteuer - welche durchaus höher als die jetzt vorgesehene sein könnte - sollte lediglich bei Lkw aus jenen Staaten eingehoben werden, welche ihrerseits von den österreichischen Transporteuren eine Transitsteuer verlangen. Diese Maßnahme ist - ganz abgesehen von den fiskalpoliti-schen Bedürfnissen - bereits seit Jahren überfällig. Gerade sie soll nun wieder nicht getroffen werden.

• Eine Besteuerung des mitgeführten Treibstoffs. Gerade die Lastwagen jener Nationalitäten, die Österreichs Straßen am stärksten frequentieren, führen in den meisten Fällen genügend Treibstoff mit sich, um unser Land ohne aufzutanken durchqueren zu können. Sie prellen dadurch den österreichischen Staat sogar um den relativ minimalen Straßenerhaltungsbeitrag in Form von Mineralölsteuer. Der Einwand des Finanzministers, diese Maßnahme sei schwer administrierbar, ist nicht stichhältig: Es genügen Stichproben, sofern - was durchaus möglich wäre - die Straßen bei Entdeckung nicht deklarierten Treibstoffs entsprechend hoch sind und dadurch die Verheimlichung mit großem Risiko verbunden ist. Folgende Maßnahmen wären unter anderem noch möglich:

• Lebensmitteltransporte benötigen Freistellungen vom Wochenendfahrverbot. Für derartige Ausnahmegenehmigungen könnte bei Transitlieferungen eine sehr hohe Gebühr eingehoben werden.

• Viele ausländische Lkw-Fahrer ignorieren das Wochenendfahrverbot. Die Exekutive - gegenüber inländischen Pkw-Fahrern bekanntlich außerordentlich straffreudig - läßt sie passieren. Der Grund: Eine Eintreibung der Strafen aus den Herkunftsländern ist praktisch unmöglich. In diesen Fällen - aber auch nur in diesen Fällen -könnte man ja auf sofortige Zahlung der Strafe bei sonstiger Beschlagnahme des Fahrzeugs bestehen.

• Das Lkw-Nachtparkverbot sollte auch und gerade gegenüber Ausländern rigoroser gehandhabt werden. Für Lkw, die keine privaten Abstellplätze im Inland nachweisen können und öffentliche Flächen - beispielsweise Autobahnrastplätze - benützen, könnte eine Nachtparkgebühr eingehoben werden.

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