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Drei Diktatoren weniger - mehr Demokratie in Sicht?

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Im April erwischte es den ersten: Tansanische Truppen jagten den „größten Staatsmann der Welt“ - so Ugandas Diktator Idi Amin Dada über sich selbst - aus dem Land, das er acht Jahre lang wie ein Blutegel ausgesaugt hatte. Die geschätzte Bilanz seiner Schreckensherrschaft: 300.000 Menschen sollen dem Terrorregiment zum Opfer gefallen sein, unter ihnen Regimegegner, die der Ty-

rann kurzerhand den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen hatte.

Nur wenige Monate später war dann auch schon der zweite schwarzafrikanische Gewaltpotentat dran: Im August wurde Äquatorialguineas Francisco Macias Nguema nach elfjähriger Tyrannei gestürzt. Während seiner Herrschaft mußten 100.000 Einwohner .Äquatorialguineas - das ist immerhin ein Drittel der Bevölkerung - ins Ausland flüchten. Inzwischen hat ein Hinrichtungskommando einen Schlußstrich unter das traurige „Kapitel Nguema“ in der Geschichte Äquatorialguineas gezogen.

Im September schon kam schließlich der dritte Diktator Schwarzafrikas unter die Räder: Kaiser Jean Bedel Bokassa von Zentralafrika. Während der Kaiser aus eigenen Gnaden in Tripolis seinem neuen Freund, dem libyschen Präsidenten Muammar el-Gaddafi zuprostete, übernahm David Dacko in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui die Regierungsgeschäfte.

In seiner dreizehneinhalbjährigen Regierungszeit brachte es Bokassa mit Eskapaden tyrannischer und größenwahnsinniger Art zu einer traurigen Berühmtheit in der ganzen Welt. Nach Massakern unter Jugendlichen in Bangui hatte seine Schutzmacht Frankreich endgültig genug von Bokassas blutigen Eulenspiegeleien: Sie gab Dacko grünes Licht für einen Umsturz und sandte auch gleich Truppen, um die neue Regierung zu schützen (siehe auch Bericht Seite 7).

Eines hatten alle drei gestürzten Diktatoren gemeinsam, von denen der eine inzwischen nicht mehr lebt (Nguema) und zwei im Exil sind (Bokassa in der Elfenbeinküste, Amin in Libyen): ihr rücksichtsloses Terrorregiment, ihre maßlose Selbstüberschätzung, ihre Unverläßlichkeit. Durchaus funktionierende und ausbaufähige V olkswirtschaften wurden von ihnen zugrundegerichtet (Uganda), Intellektuelle und ausgebildete Arbeitskräfte außer Landes getrieben (Uganda, Äquatorialguinea) oder gleich in Gefängniszellen erschlagen (Zentralafrika).* *

Drei brutale Gewaltherrscher weniger in Schwarzafrika- bedeutet das auch gleichzeitig einen Trend hin zu nichtdiktatorischen Regimen oder Regierungen, vielleicht gar zu De mokratien? Die seriöse und mit Spekulationen immer vorsichtige „Neue Zürcher Zeitung“ beantwortete auch diese Frage mit Zurückhaltung und einem Schuß schwarzen Humor: ,’,Es kann einzig mit einiger Sicherheit angenommen werden, daß in den drei betroffenen Ländern die Verhältnisse kaum schlimmer werden können als vor den Umstürzen.“

Schlechte Aussichten also für die Zentralafrikaner, Ugander und Bewohner von Äquatorialguinea, aus dem Schlamassel wieder herauszukommen. Dabei sind sie nicht die einzigen, die unter den nachkolonialen (siehe obenstehende Grafik), neokolonialen und von den afrikanischen Regimen selbstverschuldeten Problemen zu leiden haben:

Der bis jetzt ungebändigte Rassismus im Süden des Kontinents, Bürgerkriege in etlichen Staaten, Militärberater und Truppen aus fremden Erdteilen (siehe Kasten), korrupte und instabile Regime haben weite Teile Afrikas zu einem Experimentierfeld für ausländische Großmächte und inländische Napoleonbeziehungsweise Stalin-Verschnitte gemacht und die Afrikaner selbst vielfach zu bloßen Statisten werden lassen.

Ähnlich trübe schaut die Bilanz in ökonomischer Hinsicht aus. Haben manche afrikanischen Staaten die ehemaligen Kolonialherren regelrecht hinausgeworfen, mußten sie sie durch die wirtschaftliche Hintertür wieder hereinholen, um sie vor dem totalen wirtschaftlichen Ruin zu retten: Die Mehrheit der etwa 50 ärmsten Länder der Welt ist in Afrika, die Hälfte der Gesamtverschuldung der Dritten Welt (etwa 4200 Milliarden öS) lastet auf afrikanischen Staaten.

Für die Entwicklung in Afrika weit gefährlicher müssen aber die neuen Abhängigkeiten einiger afrikanischer Staaten von Moskau angesehen werden. Ein roter Gürtel reicht inzwischen von Angola über Sambia, Mocambique und Tansania (mit Vorbehalten) bis nach Äthiopien.

Solange Moskau Arfrika als Aufmarschfeld für die geopolitische Auseinandersetzung mit dem Westen benutzt, ist in Afrika vorläufig wohl kein Platz, auf dem eine „demokratische Dominotheorie“ Praxis werden könnte. Auch wenn drei Diktatoren weniger sind …

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