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Drei Jahre Volksanwälte

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Als die Volksanwaltschaft am 1. Juli 1977 ihre Tätigkeit aufnahm, war wohl ihr Gesetzesauftrag klar umrissen, behauptete Mißstände im Bereich der Verwaltung des Bundes zu prüfen und bei Feststellung derartiger Verwaltungsmißstände den obersten Verwaltungsorganen Empfehlungen zu deren Behebung zu erteilen. Die öffentliche Meinung stand jedoch dieser neuen Einrichtung, vor allem wegen ihrer mangelnden Sanktionsmöglichkeiten, äußerst skeptisch gegenüber.

Daß heute das Bild dieser Einrichtung sich ganz anders darstellt und die Volksanwaltschaft sich in den vergangenen drei Jahren einen unumstrittenen Platz als Rechtsschutzeinrichtung im Bewußtsein der Staatsbürger erobert hat, ist nicht zuletzt auf die Ergebnisse zurückzuführen, die bei der Behandlung von bisher rund 13.000 Beschwerden erzielt wurden.

Das Funktionieren der Volksanwaltschaft als eine für den einzelnen kostenlose Erweiterung seines rechtlichen Schutzes ist aber auch Anlaß dafür, daß immer mehr Bundesländer von der verfassungsgesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, die Volksanwaltschaft auch für den Landesvollzugsbereich für zuständig zu erklären. Diesbezügliche Landtagsbeschlüsse haben nach Salzburg und Wien nun auch die Bundesländer Steiermark, Kärnten und Oberösterreich gefaßt.

Welche Möglichkeiten hat nun die Volksanwaltschaft, und wie hat sie diese Möglichkeiten in der Praxis genützt?

Die allgemeine Formulierung „Mißstände im Bereich der Verwaltung” ermöglicht ihr - vorausgesetzt, es handelt sich inhaltlich um ein Verwaltungshandeln des Bundes oder der angeschlossenen Länder die Prüfung jeder Beschwerde, die Unzukömmlichkeiten im Verwaltungsbereich aufzeigt.

Dabei kommt es nicht auf das Gewicht eines Fehlverhaltens an. Auch das unfreundliche Verhalten eines Beamten gegenüber dem Beschwerdeführer, das nicht mit den Grundsätzen einer serviceorientierten Verwaltung im Einklang steht, kommt als Mißstand in Betracht.

Zu dem geradezu klassischen Beschwerdevorbringen zählt beispielsweise die Verschleppung von Verwaltungsverfahren, die für den Betroffenen mit einschneidenden Nachteilen verbunden ist. Aber auch Ermessens- und Billigkeitsregelungen werden vielfach in Beschwerde gezogen, weil sie von den Verwaltungsbehörden häufig zum Nachteil des Staatsbürgers ausgelegt werden.

Zur Feststellung des Sachverhaltes kann die Volksanwaltschaft volle Einsicht in alle Verwaltungsakten nehmen, Zeugen und Auskunftspersonen wie z. B. die beteiligten Beamten vernehmen und sich von den in Beschwerde gezogenen Umständen auch selbst an Ort und Stelle ein Bild machen. Gegebenenfalls ist im Prüfungsverfahren - ohne jegliche Kostenbelastung für den Beschwerdeführer auch die Beiziehung von Sachverständigen möglich.

Die von der Volksanwaltschaft getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sollen in erster Linie dazu beitragen, festgestellte Mißstände zu beseitigen.

Meist veranlaßt schon das Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Verwaltungsbehörden zur Behebung festgestellter Mißstände, weshalb die Volksanwaltschaft das Verfahren häufig ohne Empfehlung erledigen kann.

Wurden doch Empfehlungen erteilt, so zeigte sich ihr Gewicht darin, daß die obersten Verwaltungsorgane, von wenigen Ausnahmen abgesehen, diesen Empfehlungen der Volksanwaltschaft . stets Rechnung getragen haben.

Zur Konfliktlösung zwischen dem einzelnen und der Verwaltung hat auch die Öffentlichkeitsarbeit der Volksanwaltschaft nicht unwesentlich beigetragen. Die Darstellung von Beschwerdefällen in der wöchentlichen ORF-Sendung „Ein Fall für den Volksanwalt” und in den Zeitungen hat nachdrücklich vor Augen geführt, wo Schwachstellen im Bereich der Verwaltung gelegen sind und zu ihrer Beseitigung beigetragen.

Durch die Beschränkung der volks-anwaltschaftlichen Prüfungstätigkeit auf den Verwaltungsbereich ist es ihr derzeit auch verwehrt, Akte der Gerichtsbarkeit in Prüfung zu ziehen, so-ferne sie nicht ausschließlich dem Justizverwaltungsbereich zuzuordnen sind. Eine Vielzahl von Beschwerden, die bei den Amtstagen oder schriftlich an die Volksanwaltschaft herangetragen werden, betrifft diesen Bereich.

Es liegt mir fern, an den Grundfesten der verfassungsgesetzlich verankerten Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu rütteln, doch schiene bei der mangelhaften Durchführung mancher gerichtlicher Verfahren ein Korrektiv durchaus nicht unberechtigt, ohne in die richterliche Sachentscheidung selbst einzugreifen.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich bei der Prüfung von Beschwerden aus dem Gemeindebereich. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß im besonderen Gemeindeverwaltungsakte mit Recht in Beschwerde gezogen werden. Das Prinzip der Gemeindeselbstverwaltung schließt einen Instanzenzug an die staatliche Verwaltung aus, unterstellt die Gemeinden aber der staatlichen Aufsicht.

Allerdings ist dieses Aufsichtsrecht inhaltlich sehr eingeschränkt. Es können daher nicht alle Unzukömmlichkeiten im Gemeindebereich durch die Aufsichtsbehörde abgestellt werden. Gerade das wäre aber im Hinblick auf die Erfahrungen der Volksanwaltschaft dringend geboten.

Vielfach entspringen Verwaltungsentscheidungen von Bürgermeistern nämlich nicht sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, sondern rein zweckpolitischen Überlegungen. Ein weiterer Grund für die Mangelhaftigkeit gemeindlicher Verwaltungstätigkeit ist die Uberforderung der Gemeinden, die ganz einfach mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Apparat nicht in der Lage sind, die zunehmende Spezialisierung der Verwaltungsmaterien administrativ zu bewältigen.

Bei allem Verständnis für die Autonomie der Gemeinden schiene mir hier zumindest eine verstärkte Einflußnahmemöglichkeit der Aufsichtsbehörde oder die Schaffung eines Instanzenzuges an die staatlichen Behörden in besonders sensiblen Materien wie z. B. dem Baurecht für erforderlich.

Zum Abschluß noch ein Problem, mit dem die Volksanwaltschaft immer wieder konfrontiert ist, ohne daß eine Lösungsmöglichkeit leicht anzubieten wäre:

Nach den derzeitigen gesetzlichen Regelungen im Verwaltungsstrafverfahren ist eine Aufhebung oder Abänderung rechtskräftiger Verwaltungsstraferkenntnisse nicht möglich, auch wenn diese inhaltlich rechtswidrig sind. Auch die Volksanwaltschaft muß sich daher auf die Feststellung eines Mißstandes beschränken, hat jedoch keine Möglichkeit, die Behebung einer rechtswidrigen Verwaltungsstrafe zu veranlassen.

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