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Digital In Arbeit

Druckerinschwärze und Partnerinwahl

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Die Verweiblichung der Sprache, die jahrtausendelang von einer männlich dominierten Gesellschaft geprägt wurde, hält leider mit dem raschen Einzug der Frauen in unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt nicht Schritt. Radikale Linguistinnen sind daher zu radikalen Reformen entschlossen und empfehlen den Frauen im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben, endlich Druck auszuüben.

Das beginnt bei der Boykottierung von Börsenpapieren jener Unternehmen, die sich noch immer in ihren Verlautbarungen an die Aktionäre und nicht an die Aktionärinnen wenden -und endet bei der Abwendung der Hausfrau von maskulin bezeichneten Produkten. Bäckerinnensemmeln und Schneiderinnenkostüme werden da ebenso gefordert wie Raucherinnenzubehör, Malerinnenfarben und Baumeisterinnenentwürfe.

Wohl dem Unternehmen, dessen Produkt sachlich in Beschaffenheit und Geschlecht ist. Wäscherinnenpulver und Abstellerinnengeleise werden nicht gefordert. Und - welches Glück für den Mechanikerinnenauftrag! - das Auto ist sächlichen Geschlechts.

Hingegen wird Schreiberinarbeit künftig nur in Druckerinschwärze erscheinen können, wenn diese auch der Buchbinderinneneinband ziert. Es kommt immer auf die richtige Partnerinwahl an. Nur das Ministrantinnengewand kommt möglicherweise wieder aus der Mode, indes der Jägerinnenhut, die Optikerinnenbrille und das Designerinmodell ihre Zukunft haben. Der Leser bemerkt hier bereits, daß die Entscheidung noch offen ist, in welchem Fall die weibliche Form in der Mehr- oder Einzahl zu verwenden ist.

Da die Frauen im Vormarsch und daher bald in der Mehrzahl sind, empfiehlt sich der verallgemeinernde Plural, der allerdings wieder die individuelle weibliche Leistung diskriminiert. Eine Anfrage bei der linguistischen Professorinhenschwemme könnte mehr Klarheit in die richtigen Sprachbräuche bringen.

Die Forderung und die Entwicklung haben ernstlich und gerechterweise einiges für sich.

Es ist ja nicht einzusehen, warum sich Lehrerinnen nicht der Lehrerinnenfortbildung unterziehen und im Direktorinzimmer melden sollten -und warum es nicht schon längst eine Hausbesorgerinnenordnung gibt. Die Durchforstung der vielen Amts- und Ehrentitel in Österreich auf mögliche und notwendige weibliche Varianten könnte so manchen Beamtindienstposten auf Jahre sichern und das staat-liche Vokabular wesentlich bereichem.

Sprache ist lebendig. Man kann jedoch ihrem Wachstum nachhelfen.

Die Erfahrung lehrt, daß neue Worte und-Wendungen zunächst Exoten sind, die sich langsam verbreiten. Doch dann kommt plötzlich ein Wachstums-Schub und das Neue ist in aller Munde und Medien. Nicht nur das eine oder andere Wort allerdings, sondern auch alle damit verbundenen Ableitungen und Konsequenzen.

Und so warne ich die Linguistinnen vor einer neuen Welle der weiblichen Diskriminierung. Die Einbrecherin-diebstähle werden zunehmend in der Verbrecherinkartei registriert werden, in der möglicherweise schon die Verkehrssünderinnen stehen. In den Anwältinkanzleien werden die Deli-quentinnenfälle den Gesetzeshüterinnen zugeleitet. Die Bewerberinnenauslese in den Personalleiterinbüros wird härter werden. Pleitierinnen werden die Aktionärinnen schädigen. Vom Beobachterinstandpunkt aus mag das ja noch hingehen, aber im Sachbearbeiterinnenbüro wird die sprachliche Mehrarbeit nur mehr im Computerinnenteam zu erledigen sein. Irgendwie wird das eine ungemütliche Konsumentinnengesellschaft. Zuckerbäckerintorte und Metzgerin-wurst, der schaffnerinlose Beiwagen und die elektrikeringeprüfte Sicherung.

Mag sein, daß eine vaterlose Gesellschaft, die ihren Wohlstand zu immer größeren Anteilen auf weibliche Arbeitskraft baut, nicht zu bequem sein darf, ihre Sprache den neuen Verhältnissen anzupassen. Bloß: Wenn Rechtschreiben und Rechtreden jetzt schon so schwer sind, wie soll das noch enden?

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