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Durch Kooperation billige Bücher

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Restbestände neuer Bücher und Sonderauflagen werden von der Aktionsgemeinschaft „Billige Bücher beim Buchhändler“ aufgekauft und zu reduzierten Preisen angeboten.

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Restbestände neuer Bücher und Sonderauflagen werden von der Aktionsgemeinschaft „Billige Bücher beim Buchhändler“ aufgekauft und zu reduzierten Preisen angeboten.

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FURCHE: Herr Gottschalk, Sie sind einer der bekanntesten Buchhändler Österreichs und Sprecher der landesweit populären Aktion ,BBBB“ - .JBillige Bücher beim Buchhändler“. Wie verläuft diese Aktion?

FRIEDRICH GOTTSCHALK: Wir sind eine Gruppe von Buchhändlern, die ihren Kunden neben dem allgemeinen Buchsortiment auch ein breites Angebot von Verlagsrestbeständen bieten. Bücher, bei denen der Verlag den Ladenpreis aufgehoben hat und die nun verbilligt angeboten werden können. Außerdem disponieren wir für den einen oder anderen vergriffenen Titel eigene Sonderauflagen bei den Verlagen.

Einkauf und Werbung für den Bereich „Billigbuch“ erfolgen innerhalb der BBBB-Gruppe gemeinsam. Dies ermöglicht den beteiligten Buchhandlungen kostengünstig zu kalkulieren. So können sich die Bücherfreunde über besonders günstige Buchangebote freuen.

Für unsere gemeinsamen Aktivitäten haben wir das Modell einer Arbeitsgemeinschaft gewählt. Ohne viel Bürokratie wird klaglos zusammengearbeitet - nunmehr bereits seit acht Jahren - wobei die Eigenständigkeit der einzelnen Partner gewahrt bleibt.

FURCHE: Welche Buchhandlungen nehmen an der ,£BBB“-Aktion teil?

GOTTSCHALK: Insgesamt sind es zwölf Unternehmen des Buchhandels, mit über 40 Filialen. In Wien sind es die Buchhandlungen Auf, Godai, Gottschalk, Hasbach und Müller. In Niederösterreich die Buchhandlung Breinin-ger in Baden, die Buchhandlung Gausterer in Krems und die Hippolyt-Buchhandlung in Sankt Pölten.

In Oberösterreich der Landesverlag in Linz mit seinen Filialen, in Salzburg die Buchhandlung Motzko, in der Steiermark und in Kärnten die Verlagsanstalt Styria mit ihren Buchmärkten in Graz, Klagenfurt und Villach und in Tirol die Buchhandlung Tyrolia in Innsbruck mit ihren Filialen.

FURCHE: Welche Überlegungen waren ausschlaggebend, billige Bücher in dieser Form anzubieten?

GOTTSCHALK: Die Verlage haben oft einen größeren Restbestand eines Titels, der vom Markt nicht mehr aufgenommen wird. Wegen der hohen Lagerkosten entschließen sich daher manche Verlage, für diesen Auflagenrest den Ladenpreis aufzuheben und diesen Rest en bloc verbilligt abzugeben. Unsere Gruppe bemüht sich um den Ankauf dieser Restauflagen, die häufig wegen der großen Stückzahlen von einem einzelnen Händler kaum verkraftet werden können.

Als Gruppe sind wir stark genug, auch Großmengen abzunehmen. So finden diese Bücher doch noch ihren Kauf e%über den Buchhandel.

FURCHE: Sie verfolgen also die Idee des Modernen Antiquariats“?

GOTTSCHALK: Die Idee des „Modernen Antiquariats“ ist ja nicht neu, die gibt es schon seit längerer Zeit. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hat es Firmen gegeben, die sich darauf spezialisiert hatten. Neu dabei ist die kooperative Zusammenarbeit einer ganzen Reihe von Unternehmen des Buchhandels auf diesem Sektor. Dadurch haben sich gänzlich neue Möglichkeiten für das Angebot preisgünstiger Bücher eröffnet.

Eine dieser Möglichkeiten ist zum Beispiel, daß die beteiligten Firmen gemeinsam in der Lage sind, Sonderproduktionen in Auftrag zu geben. So gelang es uns etwa, eine vierbändige Ausgabe der Werke von Herzrnanovsky-Or-lando in Kassette zu einem Preis von S198,— anzubieten. Kein Wunder, daß dieses Angebot bald wieder vergriffen war, trotz einer Auflage von 10.000 Exemplaren.

Wobei dieser Preis nur durch die hohe Auflage ermöglicht wurde. Umgekehrt war es aber auch nur durch diesen unglaublich niederen Preis möglich, eine so hohe Auflage in relativ kurzer Zeit zu verkaufen.

Ein weiteres Beispiel: die schon vor Jahren bei Erscheinen erfolgreich verkauften Wien-Bände von Franz Endler „Wien im Barock“, „Wien im Biedermeier“ und „Das k. u. k. Wien“ erlebten durch unseren Preis von S 198,-je Band für die Sonderausgabe eine Renaissance. Inzwischen wurden drei Auflagen nachgedruckt.

FURCHE: Wie stehen Sie als Anbieter billiger Bücher zum fixen Ladenpreis? Würden Sie einen Wettbewerb durch individuell festgelegtePreiseimnorma-len Buchhandel begrüßen?

GOTTSCHALK: Die Vielfalt des Buchangebotes ist nur durch die Existenz des festen Ladenpreises gesichert. Ohne festen Ladenpreis würden viele wichtige Bücher nicht erscheinen können. Anspruchsvolle Literatur hätte kaum mehr eine Chance^und Bücher mit schwierigen Themen würden mit Sicherheit erheblich teurer werden.

Für uns Buchhändler der „BBBB“-Gruppe ist die Bedeutung des festen Ladenpreises unbestritten. Die Bandbreite des Sortimentsangebotes — eine gute Buchhandlung hat etwa sechzig-bis achtzigtausend Titel lagernd -ist nur durch das Bestehen des festen Ladenpreises gewährleistet.

FURCHE: Wie sehen Sie die derzeitige Situation des Buchhandels in Österreich? Glauben Sie, es könnte auf den Buchmarkt Auswirkungen haben, daß immer mehr Leute immer weniger Geld haben?

GOTTSCHALK: Hier bin ich zuversichtlich! Der Buchhandel, zumindest war es in der Vergangenheit so, ist von solchen Entwicklungen vielleicht nicht so stark betroffen wie andere Branchen. Außerdem ist das Buch als Ware betrachtet, auch ohne Berücksichtigung der Sonderangebote, im Vergleich zu anderen Freizeitangeboten wirklich preiswert.

Schon beim einmaligen „Konsum“ eines Taschenbuches zeichnet sich, abgesehen vom ideellen Wert, ein Preisvergleich ab, der eindeutig zugunsten des Buches ausgeht. Wobei noch anzumerken ist, daß in der Preisentwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte das Buch gegenüber den sonstigen Waren und Dienstleistungen weit zurückgebheben ist.

FURCHE: Wie sehen Sie die Zukunft? GOTTSCHALK: Die Zukunft des Buchhandels im allgemeinen und die Zukunft der Aktion „BBBB“ sehe ich sehr positiv. Zwar muß mit der Quantität nicht unbedingt auch die Qualität steigen, aber es ist eine Tatsache: es hat noch nie so viele schöne, interessante, gute und wertvolle Bücher und auch preiswerte Bücher gegeben wie heute! Und dann: Das Buch ist ein Medium, das durch kein anderes Medium ersetzt werden kann, weil es der Phantasie des Lesers freien Lauf 1äßt

Das Gespräch führte Peter Illetschko.

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