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Ebbe in Jugendkassen
1974 erhielten die beiden großen Jugendherbergsorganisationen und die im österreichischen Bundesjugendring vertretenen Verbände über den Bundes-jugendplan des Unterrichtsministeriums 29 Millionen Schilling. Heuer sind es trotz Versprechungen, diesen Betrag deutlich zu erhöhen, noch immer 29 Millionen. Für den Vorsitzenden des Bundesjugendringes, Franz Küberl von der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Jugend, bedeutet das ein „Aushungern” der Jugendverbände, denn - so Küberl - der Index sei in diesem Zeitraum um 31,9 Prozent gestiegen.
Während zum Beispiel die Förderung von Sport und Erwachsenenbildung in den letzten zehn Jahren einen großen Sprung machte, wurden die dem Bundesjugendring versprochenen Erhöhungen der Zuwendungen bisher nicht Wirklichkeit. Würde man jetzt die immer wieder zugesagten Subventionen von 40 Millionen Schilling ausschütten, so würde man damit gerade die seit 1974 eingetretene Teuerung abgelten.
Geld müßte vorhanden sein, meint Küberl und weist unter anderem auf die einhellige Erhöhung der Subventionen für die politischen Akademien der Parteien hin. Aber er wehrt sich entschieden dagegen, wenn die Subventionen Für die Jugendverbände vom Finanzminister mehr oder minder deutlich vom Wohlverhalten dieser Organisationen gegenüber der Bundesregierung abhängig gemacht werden.
Die Verteilung der Mittel des Bun-desjugendplanes geht so vor sich: Ein Drittel teilen sich die beiden großen Jugendherbergsorganisationen, der Rest wird nach einem vom Bundesjugendring vorgeschlagenen Schlüssel vom Unterrichtsministerium direkt an die 17 im Ring vertretenen Jugendorganisationen vergeben. Diese Organisationen umfassen immerhin etwa 17.000
Gruppen und rund 700.000 Mitglieder. Am stärksten sind die Sozialistische Jugend, die Gewerkschaftsjugend, die Junge ÖVP und die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Jugend. Letztere stellte bisher fast immer den Vorsitzenden. Küberl will im Herbst nach Ablauf seiner ersten Amtsperiode für zwei weitere Jahre kandidieren.
Sollten die Subventionen für die Jugendverbandsarbeit immer spärlicher fließen, sieht Küberl große Gefahren. Die Jugendverbände seien dann immer weniger in der Lage, ihre Bildungsaufgaben zu erfüllen, ihre wichtige Rolle als Sozialisationsfaktor, ihren ungeheuren Beitrag zu Integration und vorbeugender Sozialarbeit. Küberl ist davon überzeugt, daß in den Jugendgruppen stabilere Persönlichkeiten heranwachsen, daß dort eher Antwort auf die Sinnfrage gefunden wird, daß solche Jugendliche weniger anfällig für die Zeiterscheinungen Drogen, Sekten und Selbstmord sind.
Küberl beklagt in diesem Zusammenhang, daß etwa die Gemeinde Wien weit größere Mittel in ihre Jugendzentren als in die Jugendarbeit der Verbände stopft, womit aber die Jugendlichen um ein wichtiges soziales Einübungsinstrument kommen. Er sieht eine auch durch die Diskussion um Ganztagsschulen und öffentliche Jugendarbeit spürbare Tendenz in Richtung Staatsjugend und ist sich im klaren, daß als erstes die kleinen unabhängigen Verbände und erst zuletzt die Parteijugendorganisationen bei einer solchen Entwicklung unter die Räder kommen würden.
Dabei wäre ein Gegensteuern zur massiv fortschreitenden Politikverdrossenheit der Jugend nötig. Dieses könnte aber wohl vor allem darin bestehen, daß man den Jugendlichen Gelegenheit zur Selbstverwaltung, zum Tragen von Verantwortung gibt.
Daher betrachtet KUberl auch die zunehmenden Freizeitangebote der Sparkassen kritisch. Denn diese finanzieren wohl auch manchmal Veranstaltungen herkömmlicher Jugendverbände (etwa durch das Drucken der Plakate), bauen aber zum Teil auch eigene Jugendklubs auf. Dabei liegt ihr Interesse naturgemäß im kommerziellen Bereich und die Wirkung oft unbewußt in einer Erziehung zum Konsumdenken, das ja augenscheinlich - trotz der vielzitierten Alternativbewegung - der Mehrheit der Jugend (ebenfalls oft unbewußt) keineswegs fern liegt.
Angesichts dieser übermächtigen Konkurrenz verdient der Wunsch nach mehr Subventionen für die Jugendverbände Verständnis, wenn man auch darüber hinaus diesen Verbänden oft mehr Einfallsreichtum und attraktivere Ideen wünschen würde. Ein Jugendförderungsgesetz, das ermöglicht, daß die Jugendverbände nicht alljährlich um Geld betteln gehen müssen, ist aber sicher eine Debatte wert.
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