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Echte Christusnachfolge

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Alle reden von der Kirchenkrise. Aber es gibt daneben auch große Aufbrüchein der Kirche -in Österreich und in den rasch wachsenden jungen Kirchen der Dritten Welt.

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Alle reden von der Kirchenkrise. Aber es gibt daneben auch große Aufbrüchein der Kirche -in Österreich und in den rasch wachsenden jungen Kirchen der Dritten Welt.

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Lebenszeichen einer jungen Kirche finden sich überall dort, wo echte Christusnachfolge ohne Abstrich gelebt wird. Sie kommt bei alt und jung vor, bei Gesunden und Kranken. Manchmal entdeckt man unter Personen, die mit der Kirche kaum oder in keiner Weise verbunden sind, einen tiefgläubigen Menschen, oft sind es kleinere oder auch größere Gemeinschaften, die Träger und Vermittler eines sehr lebendigen Glaubens sind.

Die junge Kirche ist wie Christus selbst in einer geheimnisvollen Weise wirksam: Sie entsteht oft mitten im Widerstand. Das gilt auch für die Wohlstandsgesellschaft. Ich bin sehr optimistisch in bezug auf die Kirche in unserem Land, auch wenn ihr manche den Rücken kehren und ein gewisser, schmerzhafter, aber unerläßlicher Klärungsprozeß in ihr im Gange ist.

Vor etwa einem Jahr leitete ich in einer Kleinstadt Bayerns eine marianische Wallfahrt. Sie hat mich sehr beeindruckt. Die schön geschmückte, saubere Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele junge Leute nahmen teil, auch mehrere junge Priester, Seminaristen und Ordensleute, die sich in dieser Gemeinschaft der Gläubigen offenbar zu Hause fühlten. Beeindruckt war ich auch von der intensiven Gebetsatmosphäre, die sehr deutlich spürbar war.

Man erzählte mir später, daß sie an diesem Ort seit vier Jahren ohne jede Unterbrechung Tag und Nacht an Sonn- und Werktagen in der Kirche ewige Anbetung halten. Sie haben Turnusse eingerichtet. Ein Großteil der Bevölkerung beteiligt sich. Sie erzählten beglückt, daß in einem nahen Konvent, der seit vielen Jahren keine Novizinnen mehr gehabt habe, vor kurzem ein junges Mädchen eingetreten sei. Es scheint mir eine typische Erfahrung, die sich an vielen Orten zeigt. Die monatlichen Wallfahrten sind zu einer religiösen Zuflucht und zu einer Quelle der Erneuerung geworden.

In meiner eigenen Diözese holen sich nicht wenige Gläubige jeden Monat in Pfarren mit einer solchen Wallfahrt die nötige geistige Bestärkung und empfangen das Bußsakrament. Für Anbetung sind viele, auch junge Menschen ansprechbar. Das Gebet des Rosenkranzes wird von immer mehr Menschen neu entdeckt. Vor kurzem erzählte mir eine junge Frau, die seit vielen Jahren dieses Gebet nicht verrichtet hatte und sich nicht zu ihm hingezogen fühlte, daß sie bei einer Friedensandacht selbst darüber erstaunt war, wie sehr ihr dieses Gebet Ruhe und Freude vermittelte.

In den letzten Jahren sind - jedenfalls in meiner Diözese - viele Gebetsgruppen unterschiedlichster

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Ein riesiges Feld betrifft die Ehevorbereitung und Ehebegleitung...

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Zusammensetzung und Gestaltung entstanden. Sie sind oft echte Aufbrüche, die mit einer tatsächlichen Lebensänderung verknüpft sind. Vor kurzem erzählte mir ein Kaplan von seiner Beobachtung, daß mehrere Personen, die einer solchen Gebetsgruppe angehören, zu semer eigenen Überraschung zu ihm gekommen seien und ihm gesagt hätten, daß sie wissen möchten, was nun wirklich in bezug auf Ehe und Familie die tatsächlich gültige Lehre der Kirche sei, da sie diese in die Tat umsetzen wollten. Dies scheint mir ein sehr charakteristisches Kennzeichen für die wahren Lebenszeichen der jungen Kirche: Der Wunsch zu hören und konsequent zu sein; eine Freude und ein Optimismus, die ausstrahlen; das Verlangen, andere anzustecken, weil man selbst überzeugt ist.

Sehr wirksam sind mehrere apostolische Gruppen und Einrichtungen wie die Charismatische Gemeindeerneuerung, das Internationale Werk Thalbach, Legio Maria, Opus Dei oder KIM-Bewegungen, ohne die Anstrengungen der Katholischen Aktion zu übersehen. Als wichtig erweisen sich dabei neben der Hinführung zum Gebet vor allem die Verkündigung und die Erfahrung der Heilung durch den bewußten Empfang der Sakramente. Es sind ziemlich viele, die von einem echten Bedürfnis nach dem Religiösen erfüllt sind. An mehreren Orten sind in den letzten Jahren * Glaubenswochen und Volksmissionen Ausgangspunkte für Erneuerungsprozesse. Vor kurzem berichtete mir ein Pfarrer, daß in seinem Dorf die herbeigeholten Volksmissionare viele Stunden für Aussprachen und Beichtgespräche aufbringen mußten.

Ein riesiges Feld zur Belebung des kirchlichen Lebens betrifft die Ehevorbereitung und Ehebegleitung. Die Probleme sind sehr groß, aber es gibt auch Lebenszeichen. In den letzten Jahren fanden immer wieder neben den vielen Ehevorbe-reitungskursen auch Seminare für Eheleute statt, die oftmals zu einer bewußten und frohen Erneuerung des Eheversprechens führten.

Nicht vergessen möchte ich die beschaulichen Orden - mehrere von ihnen haben guten Zuwachs -,die eine große Ausstrahlungskraft besitzen. Viele Menschen bitten um Gebet oder kommen, um zu beten. Nicht wenige suchen die Möglichkeit einer Aussprache. Sehr wichtig scheinen mir schließlich auch die Kranken. Ich kenne eine ganze Reihe von unheilbar Kranken, die mit einer beispielhaften Ergebenheit ihre Leiden ertragen und bewußt, verbunden mit Christus, dem Erlöser, für die Kirche aufopfern. Das sind wahre Schätze, deren Reichtum die junge Kirche nährt.

Die Verheißung Christi, daß die Pforten der Unterwelt die Kirche niemals überwinden würden, erweist sich auch heute als gültig.

Der Autor ist Diözesanbischof von Feldkirch.

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