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Effektvolles Finale in Bregenz
In einem geschlossenen Block drei aufeinanderfolgender Premieren präsentierten die nun zu Ende gegangenen 28. Bregenzer Festspiele ihre sehens- und hörenswerte Schlußapotheose in einer Mischung aus Ballett und Oper.
Ein erfreulich jugendliches Ballett aus der russischen Stadt Perm, wohin während des Krieges das Leningrader Kirow-Ballett verlagert worden war und das dort Ableger klassischer Tanzkunst hinterlassen hat, bot auf der Bregenzer Seebühne mit großer technischer Perfektion und Präzision das von Tschaikowsky vertonte und von so berühmten Choreographen wie Lew Iwanow, Marius Petipa und Alexander Gorskij in die Figuren und Posen des klassischen Balletts übersetzte Märchen „Der Schwanensee“. In der Paradedoppelrolle aller Ballerinen als liebessehnsüchtiger weißer und als sinnlichverführerischer schwarzer Schwan hatte Ljuba Kunakowa neben ihrer
faszinierenden Jugend und einem makellosen Wuchs von filigraner Zartheit auch eine vollendete Körperbeherrschung nebst ausdrucksvoller, tänzerischer Sensibilität erfolgreich in die Waagschale zu werfen. Ihren prinzlichen Partner stattete Sergej Alexandrow mehr mit unpersönlicher, spektakulärer Artistik aus. Zu diesem ästhetischen Genuß gesellte sich die nur selten anzutreffende Attraktion eines von 36 schlanken und ranken Mädchengestalten getanzten und optisch perfekt gegliederten Schwanenreigens, in dem sich Liebreiz und Anmut der Jugend mitreißend vereinten. Ganz entzückend der von vier ausgezeichneten Koryphäen interpretierte, rhythmisch-lustige Tanz der kleinen Schwäne. Langanhaltende Ovationen für den ersten und vielversprechenden Start der begabten russischen Ballettkünstler im Westen.
Zum viertenmal war der imposante Renaissancehof des Gräflichen
Palastes in Hohenems, dessen Baulichkeiten das künstlerisch interessierte Grafenehepaar Waldburg-Zeil den Bregenzer Festspielen immer wieder überläßt, atmosphärereicher Schauplatz der unterhaltsamen Wiedergabe der nach einem Original-Libretto Carlo Goldonis von Joseph Haydn komponierten Oper „Die Fischerinnen“ (Le pescatrici). Die von Hermann Lanske, der schon den drei vorangegangenen Haydn-Opern in Hohenems profilierte regieliche Konturen gab, mit Schwung und lustigen Einfällen durchpulste Inszenierung erhielt Tempo und Witz vor allem durch die amüsanten Buffo-paare Krisztine Laki—Arthur Korn und Monique Lobasa—Rüdiger Wohlers, die stimmlich und darstellerisch in ihrem neckisch-tändelnden Fischerspiel sehr zu gefallen wußten. An ihrer Seite Hanna Rose Wald, Ernst Gutstein und Claudio Nicolai mit kultiviertem Gesang, dem Bruno Amaducci und das von ihm geleitete ORF-Symphonieorchester wie stets eine sorgsame und auf Feinheiten bedachte Pflege von Haydns melodiöser Musikalität an-gedeihen ließen.
Mit einer ganz anders gearteten musikalischen Demonstration des lautstarken, imponierenden italienischen Belcanto in der von märchen-
hafter Legende umwobenen Oper „Armida“ von Gioacchino Rossini, die in unseren Breitengraden nur selten zu hören ist, schloß sich heuer der Reigen der künstlerisch recht bedeutsamen Erlebnisse bei den Bregenzer Festspielen. Die Aufführung im Kornhaus stand eigentlich ganz im Zeichen der stimmlichen Naturgewalt von Christina Deute-kom in der Partie der Zauberin Armida, die mit allen Mitteln weiblicher List den von ihr geliebten Kreuzritter Rinaldo in ihrem Bann zu halten trachtet. Ihr bis in die höchsten Lagen brillierender, wenn auch zuweilen etwas greller Sopran sowie die um sie vereinten strahlenden Tenorstimmen von Umberto Grillo (Rinaldo), Vittorio Terranova (Gernando und Ubaldo), Redento Comacchio (Goffredo und Carlo) und William Mackinney (Eustazio) sowie der füllige Baß von Daniel Bergen feierten fast von südländischer Verve akklamierte Triumphe, die auch auf die statisch-konventionelle Regie von Carlo Maestrini und die im naiven Stil sizilianischer Marionettenspiele gemalten Dekorationen von Peter Hall etwas abfärbten. Carlo Franci animierte die Wiener Symphoniker und die von Helmuth Froschauer präzis einstudierten Chöre.
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