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EG-Anschluß

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Österreich ist mit Recht stolz darauf, wieder einmal Austragungsland für Diplomatische Spiele der Weltpolitik zu sein. Da mache ich kein Hehl daraus, daß nicht nur wir Bayern und Deutschen, sondern auch andere europäische Länder in solchen Tagen neidvoll nach Österreich schauen.

Es geht uns zwar direkt nichts an, aber als Nachbarn fragen wir uns da manchmal schon, ob eigentlich Euch Österreichern klar ist, daß man nicht alles haben kann: die exklusive Auserwählung als internationales Zentrum, die nur aus der Neutralität kommt, und die Voll-Mit- gliedschaft in der EG, die in der Praxis jede Neutralität einschränkt oder nur noch zur Farce macht. Mir ist schon bekannt, daß in Österreich manche glauben, daß EG und Neutralität möglich sind. Aber außerhalb Österreichs glaubt das doch niemand.

Schließlich lassen sich zwar derzeit EG und NATO hinsichtlich formaler Beschlüsse noch brav trennen, doch jedermann weiß, wie sehr die Wirtschaft in der EG miteinander verflochten ist. Gerade in den technologisch führenden Branchen lassen sich heute doch zivile und militärische Forschung oder Produktion nicht mehr trennen. An jedem Panzer oder Flugzeug werken Dutzende von Firmen aus mehreren Ländern.

österreichische Neutralität und Integration in die westeuropäische Wirtschaft vertragen sich ungefähr so wie Kraftwerk und Nationalpark in der gleichen Natur. Solche Illusionen, daß immer beides geht, glaubt man aber auch nur in Österreich. Nach außen wirken solche Beteuerungen ähnlich naiv wie ein bißchen Jungfrau und ein bißchen schwanger.

Natürlich freuen wir bayerischen Nachbarn uns darauf, wenn Ihr Vollmitglied der EG werdet, denn dann ist Euer renommierter Sonderstatus weg, die Souveränität eingeschränkt, die Exklusivität im Eimer, und es geht Euch auch wie uns. Bayern mit seinen elf Millionen Einwohnern kämpft auf verlorenem Posten um die letzten Reste von regionaler und kultureller Eigenständigkeit oder Identität und gegen den immer mehr dominierenden Zentralismus der EG-Büro- kratie und die Nivellierung aller Lebensqualität.

Seltsamerweise wirken in Österreich immer noch alte, längst überflüssige Minderwertigkeitskomplexe nach: was andere als Exklusivität bewundern (wie an der Schweiz auch), das sieht man in Österreich als Diskriminierung. Wie gerne würden wir Bayern mit Euch Österreichern tauschen: dann wären wir souverän, neutral und exklusiv. Und Ihr wärt an unserer Stelle der letzte Blinddarm der EG.

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