7033617-1989_40_25.jpg
Digital In Arbeit

EG - Markt Einheitsbrei?

Werbung
Werbung
Werbung

Internationalisierung und Expansion verständlich; daß die österreichische Kartellgesetzgebung dazu gerade eingeladen hat und auch die sonstige Situation für diesen „Einstieg“ günstig war, steht auf einem anderen Blatt.

Dadurch hat sich jedoch eine einseitige Abhängigkeit vor allem von der Bundesrepublik ergeben, wie sie seit längerem bekanntlich auch in anderen Mediensektoren besteht. Rund zwei Drittel der „heimischen“ Medienwirtschaft werden heute direkt und/oder indirekt vom Ausland kontrolliert. Dagegen lassen sich die wenigen Auslands-Engagements österreichischer Medienunternehmen an den Fingern einer Hand abzählen. Auch im Medienbereich ist Österreich somit der EG bereits faktisch angeschlossen, während es umgekehrt die Chancen zumindest des größeren Sprachraum-Marktes noch kaum nutzt.

Woran sich nach einerEG-Mitglied-schaft wenig ändern dürfte.

Von einem EG-Beitritt sollte vor allem die heimische Druckindustrie stark betroffen sein, die mit dem Abwandern von Auftragskapazitäten rechnen muß (siehe Seite 14, Anm. d. Red.). Problematisch dürfte angesichts des EG-Wettbewerbsrechtes auch die heimische Praxis der diversen staatlichen Subventionen, von der Schulbuchaktion bis zur Presseförderung, werden. Ganz abgesehen von der ohnehin ins Wanken geratenen Position des ORF. Oder spezifischen Sonderregelungen wie dem Preisbindungssystem im österreichischen Buchhandel.

Für Österreich, für die österreichischen Medien gibt es im Hinblick auf die EG wahrscheinlich nur zwei Strategien: Einerseits den Versuch, im Europa der Medienkonzerne - mit oder ohne „Paten“

aus der Bundesrepublik - kräftig „mitzumischen“. Andererseits die Variante des Schutzes des eigenen Marktes bei gleichzeitiger Ausschau nach internationalen Chancen für „Nischen“-Produktion.

Um im EG-Europa der großen Konzerne erfolgreich zu sein, wird es mit Sicherheit des Zusammenschlusses zu größeren Einheiten bedürfen. Die „Mediaprint“ oder in Ansätzen auch die Bundesländerpresse scheinen bereits diesen Weg zu beschreiten. Auch der ORF, als das pptenteste österreichische Medienunternehmen, müßte nach diesem Szenario weiter ausgebaut und gestärkt werden. Vor allem wäre die Kooperation mit den Resten der heimischen Filmwirtschaft zu suchen und wäre der Programm-Export attraktiver Eigenproduktionen zu forcieren. Schon heute müßte Österreich zudem mit allen Mitteln versuchen, Zugang zu jenen EG-Förderungsprogrammen wie EFDO oder MEDIA 92 zu erreichen, die sich etwa bereits für die Schweiz geöffnet haben.

Die Alternative der zumindest teilweisen Abkoppelung von der EG-europäischen Entwicklung

müßte hingegen zur Folge haben, die heimischen Medien nach Kräften vor der medialen Überschwemmung aus dem Ausland zu bewahren. Dazu wären Regelungen für die Einspeisung ausländischer Werbesendungen zu erlassen, wie sie auch die neue Europarats-Konvention vorsieht. Daneben wären eine Reihe zusätzlicher Förderungsmaßnahmen für die österreichische Literatur oder den österreichischen Film zu realisieren. Für bestimmte Produktionen wie

die Salzburger Festspiele ließen sich zudem vermutlich auch weiterhin internationale Marktlücken finden. Ein weiterer Ausverkauf der Medienunternehmen wäre zu verhindern. Und ein EG-Beitritt schon aus Gründen der Aufrechterhaltung der ohnehin erst schwach entwickelten medienkulturellen Identität abzulehnen.

Da bis zur endgültigen Entscheidung über einen österreichischen EG-Beitritt noch einige Jahre ver-

gehen dürften, sollte diese Zeit nicht zuletzt dazu genutzt werden, die hier nur angedeuteten verschiedenen Möglichkeiten intensiv zu diskutieren. „Medien-Europa“ könnte aber schon bald auch ganz anders aussehen, als dies die EG-Planer im Kopf hatten.

Denn neben der durch die EG ausgelösten Dynamik vor allem in Westeuropa, und der in den skandinavischen Ländern.in der Schweiz oder eben auch in Österreich deutlich langsameren Entwicklung sind ja auch die Verhältnisse in Osteuropa in eine vor kurzem noch unvorstellbare Bewegung geraten. Man könnte hier von einer Europäisierung mit drei Geschwindigkeiten sprechen.

So wichtig es für die österreichischen Medien auch ist, die in der EG vor sich gehenden Prozesse nicht zu übersehen,, sollte doch auch das „größere Europa“ nicht aus den Augen verloren werden.

Der Autor ist Vorstand des Instituts für Publizistik und Kommunikations wissenschaf t der Universität Salzburg und Leiter des Forschungsprojekts „EG-Beitrittsfolgen für Österreichs Massenmedien“ im Auftrag des Wissenschaftsministeriums.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung