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Ehepartner entscheiden

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Verantwortliche Elternschaft heißt, daß Ehepartner ihre Entscheidung, Leben weiterzugeben mit großem Verantwortungsbewußtsein zu fällen haben, daß sie auch an ihr eigenes Wohl, das Wohl der Familie und der Gesellschaft zu denken haben. Mit dem eigenen Wohl ist nicht nur an die Gesundheit und Leistungsfähigkeit vor allem der Frau und Mutter gedacht, sondern auch an das gegenseitige Verhältnis, die Erziehungskraft, das Bedürfnis, erst einmal mit den vorhandenen Kin-

dem zurechtzukommen. Ferner soll auf das Wohl der Kinder — der schon geborenen wie der noch zu erwartenden — Rücksicht genommen werden.

Schließlich werden die Ehepartner auch die materiellen und geistigen Lebensbedingungen zu beachten haben. Gemeint sind vor allem die Notwendigkeit einer beruflichen und allgemeinen Bildung und Ausbildung sowie die Lebensgewohnheiten, sofern sie an echten sittlichen Werten orientiert sind. Schließlich ist auch das Wohl der Gesellschaft zu beachten. Niemand kann und darf den Ehepartnern die letzte Entscheidung abnehmen wollen; sicher können ihnen verschiedene Ratschläge und Empfehlungen gegeben werden, aber es ist ihre ureigenste Verantwortung und Entscheidung.

Sollten die Ehepartner zur Entscheidung kommen, daß ein weiteres Kind nicht zu verantworten ist, so bedeutet dies keineswegs, daß sie deshalb auf die eheliche Gemeinschaft verzichten müßten. Nach den Aussagen des 2. Vatikanischen Konzils in „Die Kirche in der Welt von heute" kann dies für die Ehe eine Gefahr sein.

So anerkennt das Konzil das Recht auf eheliche Gemeinschaft, auch wenn bewußt die Weitergabe des Lebens von den Ehepartnern ausgeschlossen wird, allerdings, die Mittel und Wege, dieses Ziel zu erreichen, müssen der menschlichen Würde entsprechen. Dabei wird einerseits die Bedeutung der Motive betont, aus denen heraus eine Zeugung von den Ehepartnern ausgeschlossen wird. Diese Motive müssen moralisch einwandfrei und gut sein; sie sind es, wenn grundsätzlich die Bereitschaft zur Weitergabe des Lebens gegeben ist, in der konkreten Situation aber hinreichende Gründe vorhanden sind, die bei einer gewissenhaften und verantwortungsbewußten Prüfung den Verzicht auf diese Bereitschaft nahelegen bzw. gestatten. Allerdings genügen diese Motive allein nicht, es müssen auch objektive Kriterien erfüllt sein, die sich aus dem Wesen der menschlichen Person und ihres Handelns ergeben.

Diese Kriterien verlangen, daß die Würde der menschlichen Person geachtet bleibt und nichts geschieht, was der ehelichen Begegnung den Charakter und Wert einer echten persönlichen Liebesbegegnung nehmen könnte oder diese wesentlich beeinträchtigen würde. Welche konkrete Formen der Geburtenregelung moralisch vertretbar sind, hat das Konzil offengelassen. Papst Paul VI. hat dann eine Kommission mit dem Studium dieser Frage betraut.

Die Mehrheit der Kommission vertrat den Standpunkt, daß eine Regelung der Empfängnis, die der

menschlichen Würde beider Partner gerecht wird — wie immer sie auch erfolgen mag — nicht der katholischen Lehre widerspreche, sofern die Ehe als Ganzes von der Bereitschaft zum Kind geprägt ist.

Wir wissen, daß Papst Paul VI. anders entschieden hat und nur die Zeitwahl als zulässig anerkannt hat; jede Form einer „künstlichen" Regelung der Empfängnis sei unannehmbar. Wie kaum eine andere Entscheidung des kirchlichen Lehramtes ist diese auf Widerspruch und Ablehnung auch innerhalb der katholischen Kirche gestoßen. Wir sollen uns hier nichts vormachen, die heftigen Diskussionen im Anschluß an die Entscheidung des Papstes und das Verhalten weiter Kreise in der Kirche sind dafür ein nur zu deutliches Merkmal. Es steht sicher fest, daß Papst Paul VI. sich seine Entscheidung nicht leichtgemacht hat, zumal er sie gegen die Mehrheit der Beratungskommission getroffen hatte. Wir haben dieser Entscheidung des Papstes Respekt zu bezeugen und als Katholiken uns ernstlich mit seinen Beweggründen auseinanderzusetzen; ein blinder Glaube kann aber keineswegs gefordert sein.

Eheleute, die die Kraft besitzen, dieser Entscheidung des Papstes zu folgen, verdienen Anerkennung; es ist jedoch statistisch erwiesen, daß der überwiegende Teil der Katholiken sich nicht in der Lage sieht, die Entscheidung des Papstes für ihr Leben zu akzeptieren und seine Beweggründe einzusehen. Ihnen sei ein Wort in

Erinnerung gerufen, das der damalige Bischof von Passau nach der Veröffentlichung der päpstlichen Entscheidung gesagt hatte:

„Nun bekennen nicht wenige Eheleute, daß sie mit der jetzt als sittlich erlaubt erklärten Methode der sogenannten Zeitwahl allein ihr eheliches Leben nicht bewältigen können... Soweit sie aus einem schwerwiegenden Grund eine weitere Empfängnis vermeiden, andererseits zur Vertiefung ihrer Gemeinschaft und zum Reifen ihrer Liebe die innigste Hingabe brauchen, dürfen sie sich auch bei der Wahl einer anderen Methode als nicht von der Liebe Gottes getrennt betrachten und sollten deshalb auf keinen Fall sich von der gemeinsamen heiligen Kommunion ausgeschlossen wissen".

Ich persönlich bin der Uberzeugung, daß durch die Diskussion um die Entscheidung des Papstes die eigentliche Frage in den Hintergrund gedrängt wurde, nämlich, daß für die moralische Wertung den Beweggründen und Absichten der Eheleute eine entscheidende Bedeutung zukommt. Wenn nämlich Eheleute sich der Zeitwahl bedienen, um prinzipiell die Zeugung von Nachkommenschaft auszuschließen, dann handeln sie gegen Sinn und Wesen der Ehe, auch wenn sie sich einer „erlaubten" Methode bedienen; ihr Verhalten ist falsch und eine ernste Verfehlung gegen die Ehe.

Der Autor ist Professor für Ligurgiewissen-schaft in Salzburg; der Beitrag ist eine gekürzte Fassung des „Glaubensgespräches" vom 18. März 1984 (Ol. 9.45 Uhr) Schriftliche Reaktionen an Univ.-Prof. Dr. Franz Niko-lasch, Universitätsplatz 1, 5020 Salzburg.

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