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Eigenvorsorge nach Maß

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Das in den industrialisierten Ländern des Westens im Laufe des 20. Jahrhunderts entstandene dreigeteilte System der Altersvorsorge wird von drei Säulen getragen: Die staatliche Sozialversicherung wird von der betrieblichen Altersvorsorge und von der privaten Lebensversicherung ergänzt.

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Das in den industrialisierten Ländern des Westens im Laufe des 20. Jahrhunderts entstandene dreigeteilte System der Altersvorsorge wird von drei Säulen getragen: Die staatliche Sozialversicherung wird von der betrieblichen Altersvorsorge und von der privaten Lebensversicherung ergänzt.

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Alle drei Säulen haben das gleiche Ziel: die Versorgung des alten, nicht mehr arbeitenden Menschen oder - im Falle seines Ablebens - seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen. Der Unterschied besteht darin, daß die Beschaffung der erforderlichen Mittel und die Leistung in der staatlichen Sozialversicherung auf das Solidaritätsprinzip und Umlageverfahren, in der betrieblichen und in der privaten Altersvorsorge “auf das Leistungsprinzip und auf Kapitaldeckung aufgebaut ist.

In diesem dreigeteilten System hat jede Säule ihre spezifische Funktion, wobei die Leistungen einander ergänzen. Wieviel jeweils die einzelnen Säulen zur Altersversorgung beitragen, ist nicht nur von den aktuellen gesetzlichen Regelungen, sondern auch von der Finanzkraft und Leistungsbereitschaft der einzelnen Säulenträger abhängig. Seit geraumer Zeit steht die Finanzierbarkeit der staatlichen Alterspension im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Mit der Aktualität dieser Diskussion verliert aber die Qualität des österreichischen Sozialversicherungssystems keineswegs an Bedeutung. Ganz im Gegenteil; die unabdingbare Notwendigkeit der staatlichen Vorsorge zur Sicherung der Grundbedürfnisse des einzelnen wird dadurch noch deutlicher. Ebenso deutlich wird aber auch, daß die Finanzierbarkeit dieses Systems Grenzen ha-ben.muß.

Ziel der staatlichen Sozialversicherung ist es, das Existenzminimum zu sichern. In diesem System müssen individuelle Bedürfnisse unberücksichtigt bleiben, d. h. auf den erreichten Lebensstandard des einzelnen kann keine Rücksicht genommen werden. Die Leistung erfolgt nach Regeln, die weitgehend objektiviert sind. Die Finanzierung wird im Zuge des sogenannten Umlageverfahrens besorgt. Das bedeutet, daß jene Summe, welche die beitragspflichtigen Erwerbstätigen aufbringen, auf die nicht mehr aktiven Pensionsbezieher aufgeteilt wird Es ist überflüssig zu betonen, daß

in diesem System das Verhältnis der Anzahl der Aktiven und der Pensionisten eine besonders wichtige Rolle spielt. Bei sinkender Anzahl der noch aktiven Beitragspflichtigen - etwa durch erhöhte Arbeitslosigkeit oder durch Verschiebung in der Altersstruktur der Bevölkerung - können große Finanzierungslük-ken entstehen, welche wieder nur durch Belastungen - Steuer- und/oder Beitragserhöhungen - ausgeglichen werden können.

Sichert die staatliche Sozialversicherung das Existenzminimum im Alter, so kann eine Vollversicherung, die darüber hinaus auf die Erhaltung des in der Aktivzeit erreichten Lebensstandards abzielt., nur durch zusätzliche Maßnahmen erreicht werden: durch die individuelle Eigenvorsorge und die betriebliche Altersvorsorge.

Die betriebliche Vorsorge gewinnt immer mehr an Bedeutung. Jeder Betrieb kann - unabhängig von seiner Größe und aufgrund gesetzlicher und kollektivvertraglicher oder freiwilliger Vereinbarungen - seinen Mitarbeitern Vorsorgc-leistungen für den Fall der Pensionierung, der Berufsunfähigkeit oder des Ablebens <\n diesem Fall für die Hinterbliebenen) erbringen. Von dieser Möglichkeit - obwohl auch steuerbegünstigt - wird noch relativ wenig Gebrauch gemacht.

Die Kombination der staatlichen und der betrieblichen Altersvorsorge reicht bereits über die Sicherung des Existenzminimums hinaus. Zur Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards, zur Abdeckung der sogenannten „Pensionslücke“ bedarf es aber einer individuellen Vorsorge in der Form einer privaten Lebensversicherung. Diese bildet die Grundlage für eine „maßgeschneiderte“ Privat-Pension.

Österreicher kommen zunehmend zur Einsicht, ab dort eigenverantwortlich Vorsorgen zu müssen, wo die Aufrechterhaltung des erworbenen Lebensstandards dem Staat nicht mehr zugemutet werden kann. Mit dieser so pensionso-rientierten Diskussion wurden gleichzeitig allerdings wesentliche Aspekte des Vorsorgedenkens auch für die vor der Pension liegenden Lebensabschnitte ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt. Der Lebensversicherung wird für diese Lebensphasen ein besonders hoher Stellenwert beigemessen, weil sie Risikoabdeckung und Kapitalbildung zugleich bedeutet.

Mit der Eigenvorsorge für eine Privat-Pension werden jene Versorgungslük-ken, welche vom Sozialversicherer weder in der Gegenwart noch in der Zukunft finanziert werden können, abgedeckt. Die Eigenvorsorge hat gleichzeitig Sparcharakter. Die eingezahlten Prämien bleiben für den einzelnen reserviert und zusätzliche Gewinnausschüttungen erhöhen das angesammelte Kapital.

Der beste Weg zur Erlangung einer Privat-Pension ist der Abschluß einer Er-und Ablebensversicherung, bei dem der Begünstigte bei Eintritt des Pensionsfal-Ies (in der Regekzum 60. oder 65., bei Frauen auch schon zum 55. Lebensjahr) die Wahl zwischen einer Kapitalauszahlung oder einer lebenslänglichen oder zeitlich begrenzten Monatspension hat. Wird das Pensionsaller infolge Ablebens nicht erreicht, so wird die Versicherungssumme zuzüglich Gewinnbeteiligung an die begünstigte Person (Hinterbliebene) ausbezahlt.

Der Vertrag kann auch so gestaltet werden, daß, wenn der Versicherungsnehmer nach Beginn der Pensionszahlung stirbt, die Pension zur Gänze oder zum Teil auf die Witwe (den Witwer) übergeht.

Als Faustregel sollte gelten, daß man ab dem Eintritt in das Berufsleben bereits an das Alter denkt, für sich selbst vorsorgt. Je früher man mit dem Sparvorgang zur Erlangung einer späteren Privat-Pension beginnt, desto weniger ist der Eigenaufwand.

hür junge Menschen, die noch keine Familie haben, eignet sich als Einstieg in die Eigenvorsorge besonders gut eine Erlebensversicherung mit Prämienrückgewähr bei Ableben. Der Eigenaufwand eines Zwanzigjährigen für tausend Schilling Privat-Pension ab dem 65. Lebensjahr beträgt - ohne Berücksichtigung der Steuerersparnis - weniger als vierzig (!!!) Schilling. Später - etwa bei Familiengründung - kann dieser Vertrag in eine Er- und Ablebensversicherung umgewandelt werden.

Die mannigfaltigen Gestaltungsformen der Lebensversicherung können dem individuellen Sicherheitsbedürfnis noch speziell angepaßt werden und tragen somit dem Bedarf jedes einzelnen Lebensabschnitts Rechnung. Die konkrete Bedarfslage genau zu analysieren, ist der eingehenden Beratung vorbehalten. Aber unabhängig davon müssen als erste Orientierung einige grundsätzliche Überlegungen angestellt werden. Für jeden Lebensabschnitt gelten unterschiedliche Prioritäten, wenn es darum geht, den persönlichen Stellenwert innerhalb der Familie bzw. des Familienerhalters zu bemessen. Für den Eintritt in das Berufsleben oder gegebenenfalls für eine länger währende Ausbildung stehen zumeist finanzielle Belastungen ins Haus. Die speziell darauf adaptierte Ausbildungsversicherung vereint widmungsgerecht nach dem Prinzip einer Er- und Ablebensversicherung die Komponenten der Todesfallsleistung mit jener der Kapitalbildung zu einem fixen Termin.

Ebensowenig kann es einem Sozialversicherungssystem abverlangt werden, bei der Heirat jenen finanziellen Hintergrund zu bieten, der für die Gründung einer jungen Familie unerläßlich ist. Der traditionsbewußte Familienerhalter wird für die Ausstattung seiner Kinder mit einer entsprechenden Versicherung Vorsorgen und dabei die steuerlichen Anreize ebenso nutzen, wie dies bei allen Lebensversicherungen möglich ist. Das Finanzierungsrisiko bei einer Investition kann vom einzelnen nur unter der Voraussetzung kalkuliert und eingegangen werden, daß sein Leben und damit seine volle Arbeitskraft als Garant und Leistungsbesicherung zur Verfügung stehen. Die vom Familienerhalter zur Besicherung der Fremdfinanzierung angebotenen Rückhalte werden im Todesfall zur Deckung der Verbindlichkeit herangezogen und damit gleichzeitig den Hinterbliebenen als Versorgungsbasis entzogen. Die mit der Lebensversicherung eingegangene Vorsorge vermag zumindest die finanziellen Belange auszugleichen und eine gewisse Einkommenskontinuität für die Hinterbliebenen sicherzustellen.

Lebensversicherung als Sparform

Es gibt natürlich auch Möglichkeiten, für die Verwirklichung konkreter Projekte das Versicherungssparen zu wählen. Die Lebensversicherung ist eine Sparform sui generis, weil sie als einzige auch das Ablebensrisiko abdeckt. Bei Ablauf des Vertrages wird das versicherte Kapital zuzüglich Gewinnbeteiligung fallig, und mit dem so angesparten Betrag finanziert man das ins Auge gefaßte Projekt.

Das Versicherungssparen - Sparen und Vorsorgen zugleich - ist sowohl für den einzelnen als auch für die Volkswirtschaft von eminenter Bedeutung. Der volkswirtschaftliche Nutzen besteht darin, daß die Beiträge durch einen längeren Zeitraum regelmäßig geleistet werden und mit dem so angehäuften Kapital Investitionen langfristig finanziert werden können. Aus diesem Grunde werden die Lebensversicherungsverträge steuerlich begünstigt.

In Österreich ist und bleibt für absehbare Zeit die Basis der Altersvorsorge zweifellos die Sozialversicherung. Aber die Verhältnisse haben sich in den letzten Jahren dramatisch verändert: die Leistungsfähigkeit des Staates hat ihre Grenzen erreicht, wenn nicht bereits überschritten.

Somit muß innerhalb der „drei, Säulen“ eine Verschiebung stattfinden: die Lük-ke, die bei der Sozialversicherung entsteht bzw. noch entstehen wird, muß durch die private Eigenvorsorge geschlossen werden. Wenn zur Bereitschaft der Bevölkerung zur Eigenvorsorge sich angemessene Förderungsmaßnahmen des Staates gesellen, wird tias Gleichgewicht unter den „drei Säulen“ wieder hergestellt werden. Die Eigenvorsorge macht unabhängiger vom Verhältnis Aktive/Pensionisten, vom Konjunkturverlauf und somit vom Steueraufkommen (da die Abgänge in der Sozialversicherung aus Steuermitteln finanziert werden müssen). Die Lösung der Probleme unseres Al-tersvorsorge-Systcms erfordert die Rückkehr zu einer Geisteshaltung, wonach nicht alles nur vom Staat, von der Gemeinschaft erwartet wird, sondern jeder durch seine eigene Leistung noch in der Aktivzeit für das Alter vorsorgt. Wegen ihrer individuellen Gestaltungsmöglichkeit ist eine Privat-Pension jenes Instrument, das den gewohnten Lebensstandard sichern kann.

DDr. Ladislaus Viragh Mitglied des Vorstandes der Generali Allgemeine Lebensversicherung AG

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