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Ein Beispiel aus Deutschland
In Deutschland hat sich die Bonner Koalition auf ein Reformprogramm für das Gesundheitswesen geeinigt. Es geht dabei um strukturelle Eingriffe, aber auch um Einsparungen bei Ärzten, bei Kliniken und der pharmazeutischen Industrie. Natürlich werden auch die Versicherten durch eine zusätzliche Selbstbeteiligung wieder zur Kasse gebeten - aber eben nicht nur sie.
Sparen und Strukturveränderungen in der gesetzlichen Krankenkassenversicherung - das ist ein Modell, das auch in Österreich notwendig wäre, doch die Große Koalition wagt es nicht, eine solche Reform in Angriff zu nehmen, obwohl alle Verantwortlichen wissen, daß es in der bisherigen Weise nicht weitergehen kann, und daß die Kostenexplosion im Gesundheitswesen unkontrollierbar geworden ist.
Dabei geht es gar nicht mehr darum, eine möglichst gute Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten: Das ist nur die stereotyp wiederholte Formel, damit man sich nicht auseinandersetzen muß mit der Beseitigung von Überkapazitäten, unwirtschaftlichen Strukturen und Medikamentenmengen, die medizinisch gar nicht notwendig wären.
Die Reform des Gesundheitswesen soll in Deutschland 11,4 Millionen Mark erbringen, mit denen unter anderem 13.000 Krankenschwestern eingestellt werden sollen. Selbst für deutsche Verhältnisse handelt es sich hier um einen „verblüffenden Vorgang", wie die „Süddeutsche Zeitung" schrieb. Verblüffend nicht nur-,wegen des Modus: Einige Experten zogen sich drei Wochen zu Beratungen zurück und das Ergebnis war nicht die Einberufung einer Kommission...
Man stelle sich vor, eine solche Kommission würde in Österreich das Einfrieren der bisherigen Ausgaben fordern. Man stelle sich die Reaktion vor, in Österreich müßten die Ärzte einen Malus in Kauf nehmen, wenn sie zu viele Medikamente verordnen.Und man stelle sich vor, die Große Koalition würde von österreichischen Chefärzten fordern, sie müßten pro Chefarzt rund 59.000 Schilling im nächsten Jahr einsparen!
In unserem Land geht alles weiter nach Schema F. Wenn der Sozialminister einen Plan für eine Pflegevorsorge vorlegt, dann schert er sich keinen Deut um die Finanzierung. Die ist von vorneherein klar: Entweder Sfeuererhö-hung oder Erhöhung der Sozialabgaben.
Das ist der einfache österreichische Weg: An Strukturreformen traut man sich nicht heran, weil jede Partei fürchtet, eine ihrer Wählergruppen könnte vergrämt werden. Kleine Reformen erledigt man, indem man den Steuerzahler weiter belastet. Die Politiker werden aber nicht dafür bezahlt, notwendige Reformen ängstlich bis auf den Sankt Nimmerleinstag hinauszuschieben. Immer drängender wird der Wunsch, daß sie endlich etwas tun.
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