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Ein beklemmend aktuelles Buch

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Vor bald zwei Jahren wurde im Verlag Donauschwäbisches Kulturzentrum (Salzburg) das hoch über dem Niveau gängiger Heimatbücher geschriebenes Werk des angesehenen Arztes und Humanisten Hans Schreckeis über seine Heimatstadt Wukowar vorgestellt. Mit Tausenden seiner donauschwäbischen Landsleute zu Ende des Zweiten Weltkrieges vertrieben, hat er in Salzburg eine neue Heimat und Wirkungsstätte gefunden.

Seit dem 11. Jahrhundert war Wukowar an der unteren Donau auch von Deutschen besiedelt. Nach der Schlacht von Mohäcs war die Stadt mit ihren deutschen, ungarischen, kroatischen und serbischen Bewohnern durch zwei Jahrhunderte unter türkische Herrschaft geraten. Nach der Rückeroberung durch Prinz Eugen hat Maria Theresia Wukowar zur Hauptstadt Syrmiens erhoben. Um 1900 hatten mehr als 36 Prozent der Einwohner Deutsch als Muttersprache, 1931 waren es immerhin noch 25 Prozent. Schreckeis berichtet: „Die Beziehungen der Deutschen zu den Kroaten, die fast die Hälfte der Einwohner von Wukowar bildeten, und zu den Serben, die an der Zahl den Deutschen etwas nachstanden, verliefen nicht nur reibungslos, sie können als besonders gut bezeichnet werden."

Mit dem Zerfall Jugoslawiens wurde das kroatische Ostslawonien und seine Hauptstadt Wukowar zum Angriffsziel der Bundesarmee und der Tschetniks. Monatelang leisteten die eingeschlossenen Kroaten heldenmutigen Widerstand. Nun ist die Vaterstadt Schreckeis' eingenommen und zerschossen wie nur in wenigen Zerstörungsakten der Geschichte.

Umso berührender ist der Aufruf von Hans Schreckeis, Österreich, Deutschland, Europa mit der Enthüllung und Aufklärung der Frage des Genozids an Kroaten, Serben, Slowenen streng wissenschaftliche Dokumentationsarbeit zu beginnen. Nur so könne es zwischen diesen Völkern zu einem neuen, ruhigeren Nebeneinander- und Zusammenleben kommen. Schreckeis ist für diese Aufgabe prädestiniert, weil er schon 1950 in der „Salzburger Erklärung" mit dem ausdrücklichen Verzicht auf Rache und dem Wunsch nach einem glücklichen Europa vorangegangen ist.

WUKOWAR, DIE DONAUSCHWABEN IN STADT UND UMGEBUNG. Von Hans Schreckeis. Verlag Donauschwäbisches Kulturzentrum, Salzburg 1990. 357 Seiten.

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