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Ein Denkmal für Harris...

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(hbj-Sk Arthur Harris, Luftmarschall, Oberkommandierender des britischen Bomberkommandos im Zweiten Weltkrieg, bekam nun ein Denkmal. Ein Kriegsheld? Gar ein Großer der britischen Geschichte? Es gibt gute Gründe, dieses Monument unnötig zu finden.

Und es bedeutet keine Verwischung des Unterschiedes zwischen Hitler und seinen Gegnern, wenn man zwischen Angriffskrieg und Völkermord auf der einen Seite und einer Verteidigung mit teilweise über das Ziel schießenden Mitteln auf der anderen unterscheidet, die unnötige und inhumane Vernichtung der Altstadt von Dresden und Zehntausender Menschenleben als Kriegsverbrechen bezeichnet und in diesem Zusammenhang die Schuldfrage stellt.

Der Name Harris steht für das Konzept, den Krieg gegen Deutschland aus der Luft zu gewinnen, aber nicht mit Angriffen gegen militärische Ziele, sondern durch die Zerstörung der deutschen Städte in einer Serie grauenhafter Flächenbrände, die mit einer mörderisch ausgeklügelten Kombination von Spreng- und Brandbomben ausgelöst wurden. Sie sollten zu einem Schock bei den deutschen Arbeitern führen und sie zum Aufstand gegen Hitler veranlassen.

Der Aufstand blieb aus, die Rüstungsproduktion wurde beeinträchtigt, aber nicht zerschlagen, die Flächenbombardements kulminierten am 13. Februar 1945 im Untergang von Dresden.

Harris war kein ausführendes Organ, sondern der beharrliche, unerbittliche Propagandist einer Strategie, die sich bei der Niederschlagung von Aufständen im britischen Kolonialreich als zielführend erwiesen hatte. Er hielt bis zu seinem Tod an ihrer Richtigkeit fest und behauptete noch in seinen Memoiren mit Bitterkeit, mit genügend Bombern hätte der Zweite Weltkrieg fast ohne Operationen zu Lande gewonnen werden können -„gewonnen wurde er dann doch wieder nur auf dem Land". Habe man nicht auch die aufständischen Dörfer im Irak durch Zerstörung der. Wohnstätten schnellstens zur Räson gebracht?

Die Amerikaner schlössen sich dem Krieg gegen die Städte erst spät an, das gezielte Inbrandsetzen der Innenstädte lehnten sie ab. Da Wien von amerikanischen, nicht aber britischen Bombern erreicht werden konnte, blieb uns das Schicksal von Hamburg, Köln oder Dresden erspart. Mit ihren Sprengbomben-Angriffen bei Tag trieb die US-Airforce die Rüstungsarbeiter aus den Werkshallen in die Keller und störte damit die Produktion nachhaltiger.

Es gibt Indizien dafür, daß Dresden zunächst als Ziel der ersten Atombombe ausersehen war. Als es zerstört wurde, war die Rote Armee der mit Flüchtlingen vollgestopften Stadt schon sehr nahe. Hätte der vorgesehene Termin gehalten werden können, wäre die Zerstörung Dresdens mitten in die Konferenz von Jalta geplatzt und man darf annehmen, daß dies der Verhandlungsposition des schwächsten der drei Verbündeten zugute gekommen wäre. Als sich das Wetter besserte und der Angriff durchgeführt werden konnte, war Churchill bereits nach London heimgekehrt. Niemand dachte daran, die Aktion abzublasen.

Über die Verhältnismäßigkeit militärischer Mittel wird immer nur vor dem Krieg nachgedacht, im Krieg nie. Der Befehl, „eine so große und berühmte Stadt in diesem Stadium des Krieges" schnell noch zu vernichten, wurde, so Harris nach dem Krieg, „von sehr viel wichtigeren Leuten als mir für eine militärische Notwendigkeit gehalten", aber der Befehl dazu war genau das, was er stets gewollt und woran er immer starr festgehalten hatte.

Er bat bei jeder Gelegenheit Politiker in sein Hauptquartier bei High Wycombe und bearbeitete sie in seinem Sinne. Wir müssen uns dabei jedoch stets vor Augen führen, daß Hitler den Krieg vom Zaun gebrochen hatte und England einen Kampf auf Leben und Tod führte. Harris kann mit den ausführenden Organen von Hitlers Eroberungsplänen keinesfalls auf eine Stufe gestellt werden. Bloß ein Denkmal hat er sicher nicht verdient.

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