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Ein einziges Trümmerfeld

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Ronald Reagans Vorgänger Jimmy Carter hatte scharfsinnige Lateinamerikaberater, aber kein Glück bei der Ausführung seiner Strategien. Deshalb kam es im „Karibischen Becken“ (Caribbean Basin) 1979/80 mit Grenada, Nikaragua und El Salvador zu ungezügelten revolutionären Impulsen. Reagan hingegen, der überall „totalitäre Marxisten“ mit Verquickung zum Drogenhandel wittert, ließ sofort und mit Erfolg eine imposante antikommunistische Containment-Politik anrollen.

Eines seiner Werkzeuge war die Caribbean Basin Initiative (CBI), mit der er den Befreundeten der Region wirtschaftlich kräftig unter die Arme griff. Grenada konnte 1983 während eines mörderischen Zwistes der Führungskader von einem multinationalen Militärkontingent besetzt werden, womit die kleine Insel als revolutionärer Akteur ausschied.

Auch gegen das sandinistische Nikaragua konnte Washington zunächst mit Erfolg seine Einkreisungspolitik betreiben und mit der „Contra“ den Stellvertreterkrieg entfachen. Und in El Salvador kam die revolutionäre Welle durch die bedingungslose Unterstützung des Christdemokraten Jose Napoleon Duarte zum Stillstand.

Rückschläge in dieser so erfolgreichen Politik kündigten sich an, als zwei ihrer Doktrinen zu kollidieren begannen.

Die eine Linie verfocht Elliot Abrams, der gescheite US-Vize-außenminister für Lateinamerika, mit der Demokratisierungsmaxime: Der gesamte lateinamerikanische Raum sollte von Diktatoren und Militärpräsidenten gesäubert, gewählte Zivilpräsidenten unterstützt werden. Einer anderen Linie gemäß entfachte die Reagan-Administration einen regelrechten Krieg gegen Drogenlieferanten in und aus Südamerika, wobei gerade die befreundeten Zivilregierungen in die Pflicht genommen wurden.

Die Positionen waren für Reagan klar: Hier Demokratie, Wirtschaftswachstum und Drogenkampf, dort Kommunismus, wirtschaftlicher Verfall und Drogenhändler.

Funktionierte nach diesem Muster noch der Sturz der Diktatur in Haiti, so geriet Mittelamerika, wo verläßliche US-Freunde ins Schußfeld kamen, zum Widerspruch. Insbesondere Panama, wo General Noriega noch immer dem Druck aus dem Norden widersteht, entlarvt Washington als Papiertiger.

Als schließlich auch noch das „mittelamerikanische Wunder geschah, der kostarikanische Friedensplan für die Region — entworfen ohne Beteiligung der USA —, verloren die Vereinigten Staaten den Uberblick im regionalen Kaleidoskop. Während die (Sandinisten — bereits in äußersten Schwierigkeiten — eine Atempause erhielten, wurde den Freunden arg zugesetzt.

Honduras, jahrelang konterrevolutionäres Aufmarschgebiet, mußte dafür mit dem faktischen Verlust seiner Souveränität bezahlen, ohne von den USA entschädigt zu werden.

In El Salvador ist Duarte als Alternative fraglich geworden, weil die Bevölkerung in ihm den US-Statthalter sieht. Deswegen schlägt das Pendel zugunsten der rechtsradikalen Arena-Partei aus.

In Panama schließlich, wo Washington mit Noriega (als Verschmelzung beider Doktrinen) einen Militär und einen — angeblichen — Drogenhändler in einer Person loswerden wollte, kam das Kartenhaus Reaganscher Lateinamerikapolitik zum Einsturz. Der Preis dafür ist freilich hoch: Panama, vor wenigen Monaten noch internationales Bankenzentrum, ist wirtschaftlich ruiniert.

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