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Ein Erfolg für zähes Ringen

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Die wegen des US-Wahlkampfes zu erwarten gewesene Atempause für Zentralamerika trat nicht ein. Die politischen und militärischen Auseinandersetzungen verschärften sich sogar. Aber just in dem Moment, in dem Costa Rica den sanften Tod der Contadora-Gruppe erklärte, wurde in Managua bekanntgegeben, daß Nikaragua den Friedensplan, den Kolumbien, Mexiko, Venezuela und Panama mit und für die mittelamerikanischen Staaten ausgearbeitet haben, annehmen würde.

Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Sandinistas mit dieser Geste nur die ärgsten Wogen, bis die Wahlen daheim und in den USA vorbei sind, glätten, oder ob sie ein Signal der echten Kompromißbereitschaft setzen wollen. Denn der genaue Wortlaut des noch zu unterzeichnenden Friedensvertrages, dem jetzt alle mittelamerikanischen Staaten grundsätzlich zugestimmt haben, ist noch nicht bekannt.

Im übrigen wird weitergereizt. Zwar wurde die Registrierfrist für die Parteien, die sich der Wahl stellen wollen, von den Wahlbehörden in Managua verlängert, am der wichtigsten Oppositionskoalition der „Coordinadora De-mocrätica" noch die Teilnahme zu ermöglichen.

Aber die Forderung ihres Präsidentschaftskandidaten Arturo

Jose Cruz, die Wahlen auf einen späteren Zeitpunkt als den 4. November zu verschieben, wurde nicht erfüllt. Cruz hat inzwischen, noch immer nicht registriert, seinen Wahlkampf ins Ausland verlegt — nach Reisen in die Nachbarländer will er im Oktober Europa besuchen.

Auch trug die Präsentation des nahezu fertigen Großflughafens in Punta Huente nördlich von Managua nicht zur Beruhigung des Klimas mit den Nachbarn und mit den USA bei — zumal sich die Sandinistas hartnäckig darüber ausschweigen, ob sie Kampfflugzeuge in Frankreich, Jugoslawien oder im Ostblock bestellt haben.

Genau diese trotzigen Souveränitätsrituale sind es, die der Reagan-Administration die Munition für ihre antisandinistische Einkreisungspolitik liefern. Wegen des Wahlkampfes kultivieren die USA zwar den sporadischen Dialog mit Nikaragua, der im mexikanischen Manzanillo abgewik-kelt wird, doch verstehen alle Akteure dieses Vorgehen als Uber-brückung bis zum Entscheid der

US-Präsidentschaftswahlen im November.

Eine Atempause, wie erhofft, gibt das nicht. Vielmehr starteten Anfang September die Antisandi-nistischen FDN-(Fuerzas Demo-craticas Nicaraguenses-)Partisa-nen, verstärkt um Pastora-Anhänger, die indianische Misura-Organisation und die „Crillos Ne-gros" des Tiofilo Archybald, von Honduras aus die bisher bestüberlegte Offensive tief nach Ji-notega, Esteli und Matagalpa hinein.

Die FDN-Befehlshaber hatten Eile, denn Ende September trocknete ein Großteil der Gelder aus Washington aus. Deshalb führte die neue Offensive nicht mehr entlang der unbewohnten und nicht verteidigten Atlantikküste, sondern in Richtung auf die besiedelten Matagalpa-Berge, wo die Sandinisten Widerstand leisten müssen, um nicht wichtiges Terrain zu verlieren.

An der Südfront ist es hingegen ruhiger geworden. Wo noch zu Jahresbeginn Eden Pastora von Costa Rica aus zu Siegen ansetzte, herrscht jetzt Waffenstille, weil seit der Bombenexplosion gegen Pastora im Frühjahr seine Organisation zerfällt.

Aber nicht nur seine Verletzungen trugen Schuld, sondern auch seine Weigerung, mit den Ex-so-mozistischen Partisanen in Honduras zusammenzuarbeiten: deshalb kappten ihm Vororganisationen des CIA die Hilfe. Einmal im Stich gelassen, wurden Pasto-ras Leute im Sommer von den Sandinistas vernichtend geschlagen.

Zwar versucht Pastora mit viel verbalem Begleitgetrommel, seine Mannen wieder zusammenzuholen, aber weitgehend hat Nikaragua derzeit den Rücken zu Costa Rica frei. Im Norden jedoch müssen sie sich engagieren, um den Patrouillen der FDN-Parti-sanen Herr zu werden. Deshalb erlebt Nikaraguas Wirtschaft einen raschen Wandel zur Kriegswirtschaft, was den Comandantes in Managua zwar Flexibilität gibt, aber der Bevölkerung noch größere Opfer abverlangt. So flakkern immer wieder Unmutsreaktionen auf.

Am bemerkenswertesten waren Proteste der Gymnasiasten der Provinzstadt Chinandega, die Anfang September zwei Tage lang gegen die Wehrpflicht im sandini-stischen Volksheer (Ejercito Populär Sandinista — EPS) demonstrierten.

Es wäre jedoch grundfalsch, daraus und aus Zusammenstößen bei Wahlveranstaltungen den Zerfall des Sandinismus abzuleiten.

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