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Digital In Arbeit

Ein Fasten, wie ich es liebe

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Wer heute noch fastet, tut es aus Angst um die Gesundheit oder mit Rücksicht auf seine Figur. Um Gottes willen fasten nur sehr wenige - und die sind oft enttäuscht, daß Gott nicht gleich verändert, wofür sie „mutig” sich kasteien.

Ganz Ähnliches lesen wir beim Propheten Jesaja 58,3: „Warum fasten wir, und du siehst es nicht? Warum tun wir Buße, und du merkst es nicht?” beklagen sich die Israeliten bei Gott. Er aber rechtfertigt sich: „Obwohl ihr fastet, macht ihr Geschäfte, treibt eure Arbeiter zur Arbeit an, gibt es Streit, und ihr schlagt zu. Ist das ein Fasten, wie ich es liebe?” „Nein”, sagt Jahwe und wird dann sehr konkret. „Das ist ein Fasten, wie ich es liebe:

Die Fesseln des Unrechts zu lösen!” Was Gottes Volk in der Befreiung aus dem Exil geschenkt wurde, das soll es anderen gewähren. Unrecht, Unterjochung: in jeder Zeit werden sie grauenvoll neu realisiert. Ein rechtes Fasten heute? Erkennen, wie unrecht jeder oft anderen tut: im Urteil und Geschäft. „Stricke des Jochs zu entfernen ”, mit denen man andere bindet: an sich und seinen Eigensinn; an Gebote, die Menschen und längst nicht immer Gott ersonnen haben.

„An Hungrige Brot auszuteilen!” Vor der eigenen Tür, aber auch in den riesigen „Armenhäusern” dieser Welt. Der Hunger in der Welt ist keine unabwendbare Katastrophe, sondern ein Skandal. Weil viel mehr Geist und Geld für Rüstung investiert wird als gegen die Armut in der Welt.

„Die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen!” Sie schlafen in den WCs der U-Bahn-stationen und auf kalten Straßenbänken. Wer weiß so recht, wer ihnen das Heim oder den Sinn für ein Daheim genommen hat? Sie kommen in Scharen aus fremden Ländern. Sie werden bisweilen ausgewiesen, weil sie bestimmte Kriterien nicht erfüllen. Merkwürdig, daß uns nur in der Weihnachtsgeschichte aufregt, „daß in der Herberge kein Platz für sie war”.

„Dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.” Wer ist es gerade heuer, in dieser Fastenzeit, dem wir uns entziehen? Die alte Mutter, für die andere ohnehin „professioneller” sorgen können? Das heranwachsende Kind, das „ohnehin nicht hören will”? Die Ehegattin, der der „wohlhabende” Gatte doch so viel bietet, nur das nicht, was er ihr feierlich versprochen hat, nämlich sich selbst?

Das Freitagsfasten ist jetzt der eigenen Entscheidung überlassen. Viele klagen nun, sie wüßten kein konkretes Fastenopfer mehr. Kein Fleisch zu essen, dafür „Besseres ”, war längst kein sinnvolles Fasten mehr. Ob Gott nicht heute ein ganz anderes Fasten von mir erwartet?

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