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Ein Flankendruck auf die Regierung

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1984 ist auch ein „kleines" Wahljahr. Arbeiterkammerwahl und die vier Land-tagswahlen werden zum Stimmungsbarometer für die rot-blaue Regierungskoalition in Wien.

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1984 ist auch ein „kleines" Wahljahr. Arbeiterkammerwahl und die vier Land-tagswahlen werden zum Stimmungsbarometer für die rot-blaue Regierungskoalition in Wien.

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Nicht nur bei den bundesweiten Arbeiterkammerwahlen am 8. und 9. April steht die rot-blaue Bundesregierung auf dem Prüfstand. Auch das Ergebnis der vier Regionalwahlen in Salzburg, Kärnten, Tirol und Vorarlberg (mit insgesamt rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten) hat — neben der landespolitischen — zweifellos bundespolitische Bedeutung.

In den einzelnen Landtagen selbst sind keine größeren Verschiebungen der Machtverhältnisse zu erwarten. In Kärnten regiert die SPÖ, in Tirol und Vorarlberg die ÖVP mit jeweils satter absoluter Mehrheit. Politisch interessanter wird da schon der Urnengang in Salzburg am 25. März.

Zwar stellt die Salzburger Volkspartei seit 1945 den Landeshauptmann. Doch bei den letzten Landtagswahlen vor fünf Jahren mußte der Nachfolger des populären Hans Lechner als Landes-parteiobmann und Landeshauptmann, Wilfried Haslauer, Stimmen- und Mandatsverluste hinnehmen. Derzeit hält die ÖVP im Landtag bei 17 Mandaten, die SPÖ bei 14 Landtagsabgeordneten und die FPÖ bei fünf Mandataren. ÖVP und SPÖ stellen jeweils drei, die FPÖ ein Regierungsmitglied.

Schon das Ergebnis der Nationalratswahlen 1983 signalisiert Stimmengewinne für die Volks-

Partei. Die Salzburger Schwarzen erreichten am 24. April nach längerer Zeit bei Bundeswahlen wieder einen Stimmenvorsprung gegenüber den Sozialisten. Aktuelle Meinungsumfragen lassen nun sogar eine absolute Mehrheit der ÖVP im Salzburger Landtag als möglich erscheinen. Die Haslauer-Partei versucht deshalb im angelaufenen Wahlkampf, allzu hoch gesteckte Erwartungen zurückzuschrauben.

Die Salzburger Sozialisten rund um Herbert Moritz, aber noch viel mehr die Freiheitlichen mit ihrem neuen Mann Sepp Wiesner kämpfen mehr mit dem für sie rauhen bundespolitischen Gegenwind als mit landespolitischen Problemen. Die Anlaufschwierigkeiten der SP-FP-Regierungskoalition, die sich schön langsam zur Dauerkrise entwickeln, sowie das Belastungspaket zur Budgetsanierung lassen vor allem die FPÖ um ihren Sitz in der Landesregierung bangen.

„Jolly Jokers" am 25. März sind an der Salzach die Grünen und Alternativen, die sich mit der Bürgerliste des Herbert Fux unter einem Listendach finden konnten. Der „Gabi" wird der Einzug in den Landtag vorausgesagt, sie könnte sogar die FPÖ als drittstärkste Kraft ablösen.

Auch in den anderen Bundesländern zittern die Freiheitlichen dem „kleinen" Wahljahr entgegen.

In Vorarlberg sitzt die FPÖ mit vier Mandaten im Bregenzer Landhaus und darf auch in der Regierung mitreden. Die SPÖ bringt es derzeit auf zehn Landtagssitze, hat sich aber vor zehn

Jahren dazu entschlossen, aus der Landesregierung auszuziehen. Unumschränkt regieren wird im „Ländle" auch nach dem voraussichtlichen Wahltermin am 21. Oktober die Volkspartei unter Landeshauptmann Herbert Kessler. Bei einem Stimmenanteilvon an die 60 Prozent und 22 Landtagsmandaten ist aber ein weiterer Zuwachs nur schwer möglich.

Ende des Jahres hat der Vorarlberger VP-Chef angekündigt, daß er nur noch für diese Wahl als Spitzenkandidat zur Verfügung stehen wird. Schon in der kommenden Legislaturperiode will er für einen reibungslosen Wechsel an der Partei- wie auch an der Landesspitze sorgen.

Seine letzten Landtagswahlen bestreitet wohl auch das Tiroler Monument Eduard Wallnöfer voraussichtlich noch im Frühsommer. Zwar läuft die Landtagsperiode gleichfalls erst im Herbst aus, eine Vorverlegung der Wahl ist aber wahrscheinlich.

Die Tiroler Volkspartei liegt derzeit noch weiter vor SPÖ und FPÖ als die Volkspartei vor dem Arlberg: 24 VP-Abgeordnete sitzen zehn SP- und zwei FP-Man-dataren gegenüber.

Die Tiroler Freiheitlichen bangen sogar um ihren Bestand als Landtagsfraktion. Mit heftiger Kritik an Bundesobmann Norbert Steger wollen sich die Lan-des-Blauen um Hermann Eigentier und den Kufsteiner Bürgermeister Siegfried Dillersberger noch einmal in den Landtag retten.

Voraussichtlich am 7. Oktober wird in Kärnten gewählt. Im südlichsten Bundesland gilt ähnliches wie an der „Westfront" — nur mit umgekehrten Vorzeichen. SP-Landeshauptmann Leopold Wagner stützt sich auf 20 Landtagsmandate, die Volkspartei des Stefan Knafl hält bei 12 Mandaten und zählt neben dem Burgenland zu den Sorgenkindern der Bundespartei.

Bundespolitisch interessant wird es dann, wenn es dem Kärntner FP-Chef Jörg Haider als einzigem blauen Landespolitiker gelingen sollte, einen Wahlerfolg zu erringen. Nach einem eindrucksvollen Ergebnis in Kärnten wird Haider ohne Zweifel seinen Führungsanspruch gegenüber dem ungeliebten Bundesobmann Steger von neuem stellen.

Wenn die Freiheitlichen mit Bangen den regionalen Wahlgängen entgegenschauen, dann sehen die Sozialisten den Arbeiterkammerwahlen nur mit gemischten Gefühlen entgegen. Wie schon das Ergebnis in einzelnen Industrieregionen bei den niederösterreichischen Landtagswahlen andeutet, beginnen die Arbeiterkernschichten der SPÖ davonzulaufen.

Der zur Zeit einzige schwarze Präsident einer Arbeiterkammer, Vorarlbergs Bertram Jäger, verspricht sich denn von den AK-Wahlen Stimmengewinne unter den rund zwei Millionen Wahlberechtigten für den ÖAAB. Darüber hinaus will der Arbeitnehmerflügel der Volkspartei mit dem Gewinn des Präsidenten der Tiroler Arbeiterkammer seine Bedeutung in der Bundespartei unterstreichen.

Während beide Regierungsparteien hoffen, bei den kommenden fünf Wahlgängen mit einem blauen Auge davonzukommen, gibt ÖVP-Generalsekretär Michael Graff die Parole aus: Erfolge der ÖVP erhöhen den „politischen Flankendruck" auf die Bundesregierung. Und für Neuwahlen sei die Volkspartei „jederzeit gerüstet".

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