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Ein Gruß aus Tirol

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Am 1. Dezember 1945 ist die erste Ausgabe der Zeitung „Die Furche“ erschienen. Wie ihre Gesinnung und Weltanschauung auch immer gewesen sein mag, welche Hoffnungen oder auch Ängste sie mit der Zukunft verbanden: damals erlebten die Österreicher einen echten Advent, und Advent bedeutet: Licht in der Dunkelheit. „Die Furche“ war damals ein Geschenk aus chrisdichem Geist an die Österreicher. Im Verlag und in der Redaktion hatten sich Menschen gesammelt, die aus gläubiger Verantwortung für das österreichische Volk denken, handeln und schreiben wollten. Die elementare Bedeutung einer christlich und kirchlich engagierten Elite für das Werden Österreichs aus den geistigen und materiellen Trümmern wird heute zu wenig erkannt. Diese Geistigkeit fand in der Zeitschrift „Die Furche“ das wesentliche publizistische Forum. Die neuere Geschichte des Katholizismus in Österreich ist auch Pressegeschichte. Der Name Friedrich Funder sei hier nicht unkritisch, aber mit Ehrfurcht genannt.

Im Februar 1946 ist dann in Innsbruck die österreichische Wochenzeitung „Der Volksbote“ wieder erschienen. Sie war 1892 als populäres Blatt des katholischen Tiroler Volkes gegründet worden, wurde seit ihrem Wiederentstehen intellektuell anspruchsvoller gemacht; seit 1973 heißt die Wochenschrift „präsent“. Vielleicht ist es bedauerlich, daß zwei Blätter von gediegenem Format, zwei Schwestern im Wollen und in der Gesinnung, einander in einem Raum, der für anspruchsvolle Schriften klarer Gesinnung klein ist, konkurrieren müssen; aber so sind eben die gewachsenen Traditionen und Strukturen unseres föderalistischen Vaterlandes. Die chrisdich-soziale Bewegung Österreichs hat zwei Stätten ihrer Geburt: Wien, den Kreis um Vogelsang, und das Land Tirol.

Die Zeitung „Die Furche“ hat in Tirol aus solchen und aus anderen Gründen nicht so viele Leser, wie dem Blatt ob seiner hohen Qualität gebühren. Aber gewiß hat „Die Furche“ viele Menschen im Lande Tirol geistig gestimmt, ihnen zu ihrer Bestimmung geholfen. Diese Wochenzeitung ist stets in studentischen Kreisen gelesen worden, in den Heimen und Buden katholischer Korporationen und Hochschulgemeinden von Tisch zu Tisch gewandert, über die Glossen und Aufsätze ist gesprochen worden. Viele haben ihr die Treue gehalten.

„Die Furche“ hat sich sorgfältig mit dem geistigen Tirol beschäftigt. Sie ist eine Stimme der bedeutenden Innsbrucker Theologen gewesen. Sie war und ist journalistische Verwalterin einer aus der Stille bis zum heutigen Tag strahlenden publizistischen Leistung Tirols: der Zeitschrift „Der Brenner“ und des literarischen, philosophischen Brenner-Kreises. So möge der unvergessene österreichische Geist Ludwig von Ficker das Wort haben. Zum 1. Dezember 1965 schrieb er der Zeitung anläßlich ihres zwanzigsten Geburtstages: abseits lebender Mensch wie ich nur dankbar sein kann. Was nämlich bei uns oder im Ausland jeweils an Fragwürdigem, an Ernsfijtnehmendem oder lächerlich Leichtfertigem passiert, erfährt man hier auf eine Weise, die fesselt und dennoch den Eindruck eines leichthin Unbeschwerten, echt österreichischen Abgestempelten hinterläßt. Trifft man dann, überraschend und doch wieder nicht, auf Ausführungen von einer Erleuchtetheit wie jüngst noch die von Kardinal König über Kirche und Weltpolitik, dann kommt man aus dm Staunen nicht heraus, hält inne und wundert sich, was da doch alles auf ein und demselben Servierbrett der Geschicklichkeit geschaukelt werden k/*nn, ohne einander Schaden %u nehmen. Oder deutlicher gesagt: Was ist das für ein sonderbarer Resonant^aum des Verträglichen, in welchem (dem Torberg-Forum gar nicht übel sekundierend) so erhabene Kundgebungen dessen, was uns an Besinnung nöttut, unverdrossen neben Glossen stehen können, die ihre unver-ipgte Herkunft aus dem übermächtig (und nur leider alliy vorbildlich'.) in die Nacht verglühten Feuerschein der „Fackel“ nicht verleugnen können? Sind das Ungereimtheiten? Willkürlichkeiten? Oder einfach Notwendigkeiten im Umgang mit den konfusen Welt- und Wandelbildern unserer Zeit? — Möge jeder, dem dieses kurios bewegte Gesicht der Zeit immer rätselhafter entgegensieht, sich selbst die Antwort darauf geben!

Der Geist einer österreichischen Zeitung, von einem großen. Publizisten, Deuter der Zeit und Er-kenner des Menschen, angerufen, ist lebendig geblieben. Jedes Wort, von Ludwig von Ficker damals geschrieben, ist heute wahr. Der Verfasser dieser Zeilen sprach mit Dr. Ignaz Zangerle, was man zum Thema sagen könnte. Der Publizist des „Brenner“, der große katholische Volksbildner, der mit mehr als achtzig Jahren Junge, hinreißend Vitale, Zornige und Abgeklärte, saß, wie fast täglich, im Innsbrucker Cafe Central, schrieb und redigierte. „Ja — die Furche“, sagte er fast etwas kryptisch. Er ist ihr verbunden. Und mit ihm viele, die Verantwortung empfinden: für dieses Österreich und für Tirol.

(Ein Beitrag des Tiroler Landespressedienstes)

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