7058022-1991_25_09.jpg
Digital In Arbeit

Ein Ja zum Kind

Werbung
Werbung
Werbung

Die Realität zeigt uns, daß sich die Bevölkerungspyramide nicht speziell nur in Österreich vor allem im letzten Jahrzehnt grundlegend verändert hat. Die für eine solche Pyramide wesent-liche breite Basis wird immer schmäler - dies ist besonders aus der Tatsacheersichtlich, daß im heurigen Schuljahr die österreichische Gesamtschülerzahl gegenüber dem Vorjahr um weitere 1,3 Prozent (15.000 Schüler) zurückgegangen ist und damit den niedrigsten Stand seit 1965 erreicht hat. Jüngste Berechnungen haben sogar ergeben, daß der österreichischen Schule im Jahre 2010 um 1,1 Millionen Jugendliche weniger zur Verfügung stehen werden.

Worin, so müßte man sich nun zunächst die Frage stellen, liegen die Gründe für eine derartige Entwicklung? Neueren Schätzungen zufolge ist der Anteil jener Ehepaare, die ungewollt kinderlos bleiben, von etwa 15 Prozent in den sechziger Jahren auf bereits 20 bis 22 Prozent angestiegen. Ein Grund für diesen Trend wird in der Tatsache gesehen, daß sich heutzutage viele Frauen mit dem Kinderkriegen einfach Zeit lassen, bis sie ihre beruflichen und finanziellen Vorstellungen weitgehend verwirklicht haben.

Die Chancen einer Frau, ein Kind zu bekommen, sinken jedoch schon zwischen dem 30. und 35. Lebensjahr deutlich ab. Für den Aachener Gynäkologen Beyer geht allerdings nur et wa ein Drittel der zunehmenden Unfruchtbarkeit auf diese Ursache zurück. Als weitere wichtige Gründe nennt er die gestiegenen Umweltbelastungen und besonders auch das Rauchen. So konnte etwa Nikotin in einer zehnfach höheren Dosis in der Gebärmutter als im Blut festgestellt werden.

Die Ursachen für die Kinderlosigkeit liegen ebenso häufig beim Mann wie bei der Frau, in 15 Prozent ist sie auf Störungen beider Partner zurückzuführen. Öfter aber, als manche Mediziner glauben, ist für eine Unfruchtbarkeit der seelische Bereich ausschlaggebend.

Die Ursachen für diesen Problemkreis liegen allerdings nicht allein im medizinischen und psychologischen Bereich, sondern vor allem auch in der Lebenseinstellung unserer Gesellschaft. Eine zunehmende Heiratsunlust, die spürbar vorhandene Kinderfeindlichkeit, der Hedonismus und eine kaum vorhandene Verzichtbereitschaft sind wohl in diesem Zusammenhang zu nennen. Viele Kinder, das kann ja nicht geleugnet werden, vermissen in der heutigen Zeit in erster Linie das für ihre Entwicklung doch so wichtige harmonische Klima innerhalb der Familie.

In dem unaufhörlichen, manchmal geradezu krankhaften Streben nach bestimmten Statussymbolen, um in der Gesellschaft gleichsam mithalten zu können und nicht an den Rand gedrängt zu werden, vergessen wir vieles, was das Leben eigentlich erst lebenswert macht. Ebenso verlangt das Ja zu Kindern eine Änderung im bisherigen Lebensrhythmus eines Paares; zur Freude über Wachstum und Entwicklung des Kindes kommen außerdem unzählige Aufgaben, Sorgen und besonders auch die Verantwortung, vor der man heute jedoch recht häufig zurückschreckt.

Den Weg, der von uns in dieser Hinsicht eingeschlagen wurde, vermögen wir sicherlich nicht von heute auf morgen zu verlassen, da zur Lösung des Problems eine Bewußtseinsänderung unbedingt notwendig erscheint. Zunächst müßte schon die Tatsache, daß die Zahl alter Menschen in derGesellschaft entsprechend zunimmt, was wohl einen sozialen Zuwachs und Gewinn bedeutet, jedoch auch neue Aufgaben bringt, allgemein Nachdenklichkeit hervorrufen und uns darin bestärken, das Kind anzunehmen und ihm Wohlwollen, Schutz und Erziehung angedeihen zu lassen. Überdies wird es künftig erforderlich sein, daß die Erwachsenen ihren Lebensraum in viel stärkerem Maße mit Kindern teilen und die Kin-derfeindlichkeit in vielen öffentlichen Lebensbereichen abgebaut wird.

Bewußtseinsändernd zu wirken, muß allerdings in diesem Zusammenhang auch das Ziel schulischer Arbeit sein. Die Erziehung unserer Jugend zu Eigeninitiative, Kritikfähigkeit, Verantwortungsbewußtsein und damit zur Vorbereitung auf die Erfüllung künftiger eigener Erziehungsaufgaben sowie zu einer lebensbejahenden Einstellung ist im Sinne eines familienfreundlichen Denkens ein Gebot der Stunde.

Auszug aus einer Stellungnahme des Landesverbandes Steiermark der„Vereinigung Christlicher Lehrer an mittleren und höheren Schulen”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung