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Ein Kämpfer für die „Neue Erde

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Im Sommer 1976 berichtete die Triester Wochenzeitschrift „II Meridiano die Trieste“ über den „Fall Truhlar“, den slowenischen Theologen und Dichter Vladimir Truhlar, der unmittelbar vorher den Verhören der jugoslawischen Sicherheitsorgane, Haussuchungen und anderen Druckmitteln unterworfen worden war.

Vladimir Truhlar, der 1912 in Görz geborene pensionierte Professor der Gregoriana in Rom, Autor von 16 theologischen Büchern, die er selbst in italienischer, deutscher, sloivenischer und lateinischer Sprache verfaßt hat, und einer der namhaftesten Vertreter der zeitgenössischen slowenischen „spirituellen Lyrik“ - seine Gedichtbände „Nova zemlja“ („Neue Erde“), „Rdece bi- vanje“ („Rotes Sein“) oder „V dne- vih sumi ocean“ („In den Tagen rauscht der Ozean“) gehören zu den bemerkenswertesten Neuerscheinungen der heutigen slowenischen Literatur - mußte Jugoslawien im September 1976 verlassen. Seine Interpretation der neuen slowenischen Literatur und ihrer religiös interessanten, metaphysischen Ebenen (besonders bei Ivan Can- kar), die er mehrfach vor katholischen Slowenen in Italien und Österreich vorgetragen hat, verärgerte die kommunistischen Behörden in Slowenien. DasBuchüber die Fragen der slowenischen Literatur konnte er in Jugoslawien nicht mehr drucken lassen. Auch das Manuskript seines neuen Lyrikbandes hat ihm ein jugoslawischer Verlag zurückgeschickt. Truhlar, der in Rom das Institut für spirituelle Theologie gegründet hat und Autor des „Lexikons der Spiritualität“ (Lessico della Spiritualitä) ist, reiste nach Österreich und nach Südtirol, wo er im Pfarrhaus von Longmoos am 4.- Jänner plötzlich gestorben ist’

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Vladimir Truhlar war ein kritischer theologischer Autor und ein bedeutender Lyriker, der in seiner empfindsamen subjektiven Sprache ein neues Weltbild geschaffen hat. Seine politischen Kritiker haben nicht verstanden, daß Truhlars Sprache, Truhlars Poesie, eine Vertiefung der gängigen poetischen Auffassung war. Eine Erneuerung der slowenischen Theologie und Literaturwissenschaft - noch dazu durch einen Theologen, der 30 Jahre im Ausland gelebt hat - war noch weniger erwünscht. In diesem Sinne war auch Truhlar, so wie seine Landsleute Edvard Koc- bek, Viktor Blazic oder France Mi- klav&ič ein Opfer der repressiven jugoslawischen Kulturpolitik. Doch hat Truhlar den Mut zum Schreiben nie verloren. Auch in den letzten Monaten hat er geschrieben, um zu zeigen, daß der Kampf um eine „Neue Erde“ - wie sein Lyrikband 1958 hieß - auch in schwierigen Verhältnissen möglich und sinnvoll ist.

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