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Ein Konsens ist möglich

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Die Umweltpläne der Regierung und die Vorschläge der Opposition treffen sich in vielen Bereichen. Die Umweltpolitik „darf nicht zum Opfer der Parteipolitik werden.

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Die Umweltpläne der Regierung und die Vorschläge der Opposition treffen sich in vielen Bereichen. Die Umweltpolitik „darf nicht zum Opfer der Parteipolitik werden.

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Wie immer man die Sache dreht und wendet: Die politischen Verantwortlichen in Österreich haben ihre Umwelt-Lektion gelernt - nicht zuletzt wegen der gefährlichen Konfrontation von fundamentalen Ökologen und Verfechtern einer Ökonomie um jeden Preis in der Hainburger Au im Dezember des Vorjahres.

Noch verharren aber die SPÖ als tragende Regierungspartei und die ÖVP als die zweite große politische Kraft in ihrem parteistrategischen Rollenverhalten: vordergründig wird jeder konstruktive Vorschlag der Gegenseite im besten Fall zur Kenntnis genommen, im schlimmsten Fall mit Spott und Hohn überschüttet.

Aber immerhin: Nach der „Umweltklausur” der Bundesregierung im bedrohten Wienerwald am 15. und 16. Jänner fand das dort vorgelegte Maßnahmenpaket zur Reduktion der Schadstoffbelastungen durch Autoab-gase kurz danach eine positive Aufnahme beim Generalsekretär der ÖVP, Michael Graff.

Und auch „Kanzlerkandidat” und Oppositionschef Alois Mock widmete einen großen Teil seiner „Erklärung zur Lage der Nation” am 21. Jänner dem Thema Umweltschutz: „Die konsequente Integration ökologischer Gesichtspunkte in die Wirtschaft von morgen ist eine der zentralen Herausforderungen für die soziale Marktwirtschaft der neunziger Jahre.”

Eine solche allgemeine politische Absichtserklärung ist allerdings nicht neu. Sie würde auch nicht weitere Beachtung verdienen, wenn ihr keine konkreten Sachvorschläge folgten.

Genauso wie die Regierung von einer „langfristigen, geplanten, seriösen und nachprüfbaren Konzeption einer österreichischen Umweltpolitik” spricht, schlägt Mock einen „Aufbruch zu einer umweltbewußten sozialen

Marktwirtschaft in drei Phasen” vor, der bis ins Jahr 2000 reicht.

Der von Mock vorgeschlagene Drei-Phasen-Plan entstand sichtlich auch unter den Eindrücken, die der oppositionelle Parteiführer auf seiner Japan-Reise gewinnen konnte (siehe „Nippon handelt”).

Erste Phase: Die zweite Hälfte der achtziger Jahre sollte, so der Mock-Plan, zunächst einmal für die Reparatur drängendster Umweltschäden verwendet werden.

Die Sofortmaßnahmen der Regierungskoalition weisen in diese Richtung: Bleifreies Normalbenzin schon ab 1. April dieses Jahres, Umstieg auf umweltfreundlichere Katalysator-Autos bis zum Ende dieses Jahrzehnts.

Auch für die Bundesregierung ist klar, daß der Umstieg auf eine umweltbewußte Wirtschaft nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist. Deshalb wird in ihrem Bericht „Umwelt 2000” festgehalten: „Die Umweltpolitik verlangt entsprechende Prioritäten. ..”

In der Reparaturphase können die notwendigen Investitionen in Umweltschutzmaßnahmen den betroffenen Betrieben nicht allein aufgebürdet werden. Die Notwendigkeit eines Umweltfonds sowie steuerlicher Abschreibmöglichkeiten für Öko-Investitionen in dieser Ubergangszeit wird von allen Parteien befürwortet.

Nach der sogenannten Integrationsphase, wie Mock den zweiten Schritt in Richtung ökologischer Wirtschaft nennt, in der allmählich auf „ökologische Produktionsbedingungen” umgestellt werden soll, steht am Ende der neunziger Jahre die Phase des „aktiven

ökologischen Wirtschaftens”.

Die Bundesregierung will mit einem großzügigen Forschungsprogramm schon heute dafür Vorsorge treffen. Biotechnologie und der Einsatz hochwertiger Mikroelektronik sollen Österreich nicht nur den Anschluß an die technologische Entwicklung sichern, sondern die umweltbelastende Grundstofferzeugung allmählich ersetzen. Ähnlich sieht auch der VP-Chef Österreichs Wirtschaftszukunft.

Bemerkenswert die Feststellung von Alois Mock, der für die dritte Phase seines Umweltkonzepts eine „wirtschaftliche Rahmenordnung” verlangt, „die jede Form der Umweltverschmutzung verteuert”. Mock legt sich darauf fest, daß dann das „Verursacherprinzip” voll zur Geltung kommen soll.

Mit dieser Festlegung geht die ÖVP allerdings wesentlich weiter als es die Bundesregierung momentan noch kann. Daß „Subventionstechniken” im Bereich des Umweltschutzes, wie Mock meint, in absehbarer Zeit schon überflüssig geworden sind, klingt angesichts des heutigen Staatseinflusses in Industrie und Wirtschaft allzusehr nach Utopie.

Bei der großen Ubereinstimmung zwischen Regierung und Opposition in Umweltfragen und in den konkreten Maßnahmen, nimmt sich der aktuelle Streit um das von den Regierungsparteien gegen die Stimmen der ÖVP beschlossene Umweltbundesamt relativ bescheiden aus. Denn auch Mock verlangt in seiner Rede an die Nation einen sogenannten „Umweltrat”, der mit Koordination und Kontrolle der Umweltschutzmaßnahmen beauftragt werden soll.

An einer neuen Behörde sollte nicht scheitern, was nach den Plänen möglich scheint: ein nationaler Konsens in Umweltfragen.

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