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Ein Konzept, das in die Sackgasse führt

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Die wissenschaftliche Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft hat Alfred Müller-Armack geschaffen. In seiner Nachfolge haben viele Wirtschaftswissenschafter die sogenannte Ahokationstheorie perfektioniert und nachgewiesen, daß der Markt bei der Widmung der volkswirtschaftlichen Hilfsquellen für geldwerte Leistungen das überlegene Instrument darsteüt. Freilich muß er durch Wettbewerbspolitik in Gang gehalten werden.

Diese neoliberale Position ging nach dem 2. Weltkrieg eine Koalition mit der christlichen Soziallehre ein, deren Prinzipien lauten: Personahs-mus, Subsidiarität und Solidarität. Mit dem Vordringen des demokratischen Sozialismus, seiner Kapitahs-muskritik, seinem Egalitätsdenken und seinem Sozialneid, kam es zur Beschädigung der Sozialen Marktwirtschaft durch Erhöhung der Staatsquote, Erhöhung der Lohnquote, Investitionslenkung und Leistungsverweigerung.

Im folgenden soü nun gezeigt werden, warum eine „sozialdemokratische Marktwirtschaft“ (Staribacher) in eine Sackgasse führt. Zwar verlangt der Markt immer wieder sein Recht, die Umwege und Kosten sind aber beträchtlich.

1. Wenn Lohnerhöhungen, Arbeitszeitverkürzungen und Maßnahmen zur Humanisierung der Arbeitswelt die Kosten der Unternehmer stärker steigen lassen als die

Produktivität gewachsen ist, muß Arbeitslosigkeit deswegen eintreten, weil der Ertrag der Arbeitskraft geringer ist als ihre Kosten. Auf dem Umweg über Lohnsenkungen durch Steuern zur Finanzierung der Arbeitslosenhilfe oder Lohnsenkung durch Inflation zur Finanzierung der Voübeschäftigungspolitik, wird am Ende der Marktlohn doch erzwungen - aber um welchen Preis!

2. Durch Investitionslenkung, Importbeschränkung und Subvention für unrentable Betriebe kommt es zu absurden Großprojekten und defensiven Positionen, die Arbeitsplätze schaffen oder erhalten sollen, was jedoch nur zu Lasten des Budgets möghch ist, dessen Defizite wiederum Inflation, Importsog und Zerstörung von Arbeitsplätzen zur Folge haben.

3. Durch Kartelle, Fusionen und staatliche Wettbewerbsbeschränkungen werden den Unternehmen vorübergehend Verluste erspart oder Monopolgewinne zugeschwemmt. Sie setzen dadurch Fett an, werden faul und wettbewerbsunfähig und müssen am Ende doch ausscheiden.

4. Durch Ausgabensteigerungen, Steuererhöhungen und Verschuldung kommt es zu einer Erhöhung der Staatsquote und Vermehrung von arbeitslosem Einkommen bei vielen. Die Wirkung ist eine Rück-drängung des privaten (gleich effizienten) Sektors und zunehmende öffentliche Verschwendung. Diese wird verdeckt dadurch, daß der Staat gewohnt ist, seinen Output am input zu messen. Auf diese Weise erfahrt man nicht, daß in zunehmendem Maße der Output geringer wird als der input. Der Steuerzahler verliert also das Gefühl, für sein Geld etwas zu bekommen und reagiert mit Steuerwiderstand.

5. Durch Mitbestimmung der Funktionäre, Vermögensbildung durch Fonds und staatliche Auflagen (Reformen die nichts kosten), ergibt sich eine Tendenz zur Zentralverwal-tungswirtschaft, wobei die zentralen Komitees die das Sagen haben, bei der gleichzeitigen Tendenz zum Gewerkschaftsstaat eine Machtübernahme durch ^he Gewerkschaften bedingen. Durch Staatsverdrossenheit und wilde Streiks, die sich gegen die Gewerkschaft als den eigentlichen Inhaber der Macht richten, kommt es zu erneuter Machtdezen-trahsierung. Das Ergebnis ist ambivalent.

Sozialistische Reformen führen zur Zerstörung der Marktwirtschaft, zur Minderung von Freiheit und Wohlfahrt. Der Markt setzt sich zwar auf den oft verschlungensten Umwegen wieder durch, die diesbezüglichen Kosten könnten aber gespart werden, wenn die Ordnungspohtik wieder konsequent neoliberalen und christlich-sozialen Grundsätzen folgen würde. Dies bedeutet im einzelnen:

• Mehr Markt: Der Bürokratie sollte die Beweislast Überbunden werden, wenn sie externe Effekte in-ternalisieren will.

• Mehr Wettbewerb: Denen, die Kartelle und Konzerne aufbauen wollen, sollten durch ein wirkungsvolles Kartellamt Hindernisse in den Weg gelegt werden.

• Weniger Staat: Steuersenkungen sollten die Möglichkeit zu atemlosen Interventionismus nehmen.

Die Beweislast sollte nicht bei der Privatinitiative, sondern bei der Kollektivinitiative hegen. Der Staat sohte in sich föderalisiert und demokratisiert werden. Das Ergebnis wäre mehr Wohlstand durch effizientere Ahokation und mehr Freiheit durch effizientere Machtdistribution.

Diesem neoliberalen Konzept wäre das christlich-soziale anzufügen zum Zwecke der Lösung der neuen sozialen Frage, die sich aufgetan hat bei den kinderreichen Familien. Die Familien haben bereits marktkonform reagiert und die Kinderzahl sinkt in Österreich in bedenklicher Weise.

Eine grundsätzliche Änderung kann nur durch die Gewährung eines Kinderstimmrechts herbeigeführt werden.

Abschheßend sei noch vermerkt, daß der Markt natürhch nicht die Al-lokation von „intangiblen“ Gütern, wie menschhche Nähe, Schönheit der Landschaft, Geborgenheit im Stadtviertel, bewirken kann. Diese Güter können nur auf der Basis eines christhchen Humanismus gedeihen.

Der Autor, Vorstand des Instituts für Finanzwissenschaft an der Universität Innsbruck, hielt einen Vortrag (dem dieses Exzerpt entnommen ist) beim Management-Club Salzburg.

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