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Ein neuer Managertyp!
Durch das Universitätsorganisationsgesetz 1975 (UOG) hat sich das gesamte Hochschulwesen Österreichs so grundlegend verändert, daß die Universität vor dem Jahre 1975 mit der von 1975 (um nur eine beliebige Jahreszahl herauszugreifen) mehr gemeinsame Züge aufweist, als die von vor 1975 mit der von 1980; binnen fünf Jahren hat sich das gesamte Leben an und in den Universitäten vollkommen verändert.
Nun soll hier nicht auf alle Aspekte der Veränderung eingegangen werden, wie etwa die Gruppenuniversität, auf die universitäre Forschung, die immer mehr zu außeruniversitären Instituten abwandert, nicht einmal auf das Problem der Massenuniversität, sondern im Rahmen dieses Artikels nur auf die Position des Rektors der Universität.
Das UOG sagt über die Aufgaben des Rektors nicht allzuviel aus; es spricht im § 74 bezeichnenderweise nur von dessen Amtspflichten. Es „obliegt dem Rektor die Besorgung der laufenden Geschäfte der Universität, die Handhabung der Hausordnung, die Vertretung der Universität nach außen und die Vollziehung der Beschlüsse“ der zuständigen Gremien, wozu ein gewisses Überwachungsrecht für solche Beschlüsse besteht, die der Rektor in
bestimmten Fällen befristet aussetzen kann.
Der Spielraum für eigenständige Entscheidungen erscheint somit beengt, doch besitzt der Rektor durch das allei
nige Vertretungsrecht nach außen eine fast absolute Machtstellung, die allerdings durch die direkte Unterstellung des Universitätsdirektors unter das Ministerium eingeschränkt ist. Auch ist die vielfach praktizierte Interventionspraxis zwischen Ministerium und einzelnen Instituten (z. B. Rechenzentrum, Einzelinstitute) eine verlockende Möglichkeit, die an sich recht eindeutige Stellung des Rektors in diesem Punkt zu untergraben.
Es bedarf eines energischen Auftretens und vor allem einer gewissen Erfahrung, um sich als Universitätsspitze durchzusetzen. Damit sind wir bei einem entscheidenden, wahrscheinlich vom Gesetzgeber gar nicht beabsichtigten Punkt angelangt. Im Gegensatz zu der Zeit vor dem UOG ist die Position des Rektors eine in wesentlichen Zügen andere, vielfach sogar eine stärkere als früher; besonders trifft dies für die Universitäten ohne Fakultätsgliederung zu, da in diesem Fall der Rektor auch die Aufgaben des Dekans zu erfüllen hat.
Aber man muß sich bewußt sein, daß jeder Rektor sein Amt nur dann voll erfüllen kann, wenn er souverän die verlangte Materie beherrscht, abgesehen davon, daß er über den Dingen, in diesem Fall über den Interessen der Einzelgruppen zu stehen hat. Das durch das Gesetz vorgesehene Prärektorsjahr hilft dabei sehr.
Aber statt des früheren, wesentlich die Politik bestimmenden Professorenkollegiums steht er nunmehr einer Vielzahl von entscheidungsbefugten Gremien gegenüber, wie den Senaten, den Kommissionen mit differenzierten Aufgabengebieten und den Interessengegensätzen der Hochschülerschaft, der Assistenten und anderer Vertreter des Mittelbaus und der Professoren.
Weil nun diese Gremien und Gruppen im wesentlichen unabhängig voneinander agieren, beraten und entscheiden und der Kontakt untereinander unterschiedlich, meist aber nicht gut ausgebaut ist, ergibt sich infolge dieser mangelnden Transparenz untereinander ein Informationsvorsprung für die leitenden Organe der Universität, vor allem für den Rektor. Bei geschickter Lenkung und infolge der steigenden Unlust aller Angehörigen an der wachsenden Verwaltungsbelastung kann die bessere Information zu einem Informationsmonopol werden.
Ein solcher Zustand kann einerseits leicht zu einem Machtmißbrauch ausgebaut werden; daraus könnte aber der Ansatz zu mancherlei Konflikten kommen, der die gedeihliche Entwicklung der Universität im inneren und auch nach außen hin zu gefährden vermag. Wird anderseits diese wichtige Position vom Rektor nicht erkannt, können die fraktionellen Interessen innerhalb der Hochschule solches Gewicht erhalten, daß daraus ebenfalls Ausgangspunkte für Unruhen werden können.
Die Position des Rektors ist somit eine eminent politische Funktion geworden, politisch im Sinn des Politisch- Machbaren, des Durchsetzensgünstiger Voraussetzungen für die Interessen der Universität. Das bedeutet, daß der Rektor eine Art Manager mit großem politischem Einfühlungsvermögen sein soll.
Damit erhebt sich sofort die Frage, ob sich denn eine bis zu ihrer Bestellung im wesentlichen einer wissenschaftlichen Tätigkeit zugewandte Persönlichkeit als „Manager“ (hier im umfassenden Sinn gemeint) eignen kann. Sollte man nicht an die Spitze einer Universität, immerhin ein einem industriellen Großbetrieb adäquates Unternehmen, gleich einen gelernten Manager stellen, einen Mann aus der Wirtschaft etwa?
Man hat bei der Verfassung des Gesetzes vielleicht sogar daran gedacht, daß das Topmanagement einer Hochschule dem Universitätsdirektor übertragen werden soll, wie etwa beim Vice- Chancellor an Englands Hochschulen. Aber abgesehen davon, daß der oberste Beamte einer Universität in erster Linie ein fleißiger, juristisch gut ausgebildeter Verwalter sein soll, müßte er auch ein dem Industriemanager gleich hohes Einkommen bekommen ...
Allein unter diesen Umständen ist als Rektor, auch im Sinn der angeführten Befähigung für ein Topmanagement, nur ein Professor möglich, der aus der akademischen Laufbahn kommt und mit den Problemen aus Lehre und Forschung vertraut ist. Meist wird dies auch bei einer Rektorswahl berücksichtigt, indem man jemanden auswählt, der schon akademische Funktionen bekleidet und sich dabei bewährt hat (z.B. Dekan, Institutsvorstand)...
Univ.-Prof. Dr. Alois Brusatti ist derzeit Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien.
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