6830195-1974_34_08.jpg
Digital In Arbeit

Ein offenes Ja

Werbung
Werbung
Werbung

FRAGE: Herr Kardinal, am 5. Mai dieses Jahres wurde der österreichische Synodale Vorgang mit seiner letzten Vollsitzung abgeschlossen. D.ie dort gefaßten Beschlüsse wurder von den österreichischen Bischöfen am 2. Juli in einer Konferenz in Linz einer letzten Prüfung unterzogen. Anfang Oktober, beim gesamtösterreichischen Katholikentag, sollen die Beschlüsse der Synode in der Fassung, die ihnen die Bischofskonferenz gegeben hat, promulgiert werden. Was wird dann promulgiert, d.i h. feierlich in Kraft gesetzt werden? Die katholische Öffentlichkeit, vor allem die Synodalen, haben bis jetzt, das heißt bis Mitte August, noch keine Kenntnis, ob und in welchem Ausmaß die österreichischen Bischöfe die Beschlüsse des ÖSV akzeptiert beziehungsweise nicht akzeptiert haben, wieweit diese abgeändert, ergänzt oder mit zusätzlichen Erläuterungen und Kommentaren versehen wurden?

KARDINAL KÖNIG: Gerade die Kommentare haben die Sache etwas verzögert. Die Bischöfe, die zu einigen Punkten persönliche Kommentare abgeben wollten, hatten eine Frist bis zum 31 Juli. Im übrigen ist, wie Sie ja wissen, vorgesehen, daß die Beschlüsse der Synode in der Form, wie sie von der Bischofskonferenz angenommen wurden, in einer eigenen Broschüre noch vor dem Katholikentag veröffentlich* werden sollen..

.FRAGE: Hoffentlich kommt diese Broschüre noch rechtzeitig heraus. Aber ist es trotzdem nicht ein wenig spät, hatte man nicht vorher in einer gesonderten Dokumentation die Beschlüsse der Bischofskonferenz zum ÖSV veröffentlichen können? Die österreichischen Synodalen haben ein begreifliches Interesse, so rasch als möglich zu erfahren, was nun endlich aus ihrer jahrelangen Arbeit geworden ist.

KARDINAL KÖNIG: Das Interesse der Synodalen ist durchaus verständlich. Wenn die Bischöfe von einer separaten Publikation ihrer Beschlüsse, den ÖSV betreffend, wie sie von mancher Seite angeregt wurde, Abstand genommen haben, so nicht nur deswegen, weil diese Bemerkungen der Bischofskoniferenz allein ohne den Kontext der Synodenbeschlüsse unverständlich wären, sondern auch den falschen Eindruck erwecken würden, als hätten die Bischöfe an den Synodenbeschlüssen sehr viel geändert. In Wirklichkeit betreffen die Änderungen und Anmerkungen der Bischöfe nur einen kleinen Teil der Synodentexte. Das Protokoll der Bischofskonferenz enthält einige Dutzend Anmerkungen, wobei der Großteil davon eher formaler Natur sind.

FRAGE: Es kommt sicherlich nicht auf die Zahl der geänderten Worte im Verhältnis zum Gesamttext an, sondern'doch eher auf die Bedeutung der abgeänderten Texte. Nach welcher Methode sind die Bischöfe bei der Begutachtung der Synodentexte vorgegangen und worin bestehen die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Text?

KARDINAL KÖNIG: Man kann da drei Gruppen unterscheiden. Zum ersten Mal haben die Bischöfe bei einigen Beschlüssen erklärt, daß sie sich ihnen nicht anschließen können, und zwar auf Grund der letzten Verantwortung, die sie für die Kirche Österreichs tragen. Zum anderen haben die Bischöfe dort, wo es ihnen notwendig erschien, textliche Änderungen, Streichungen oder auch Ergänzungen vorgenommen und drittens haben einige Bischöfe zu einiger* wenigen Punkten/ erläuternde Kommentare gegeben.

FRAGE: Daß die Bischöfe das Recht haben, Kommentare zu geben, ist selbstverständlich. Ob textliche Veränderungen von den Synodalen ebenso als selbstverständlich empfunden werden, ist eine andere Frage. Schließlich haben die Kommissionen in jahrelanger, mühevoller Arbeit versucht, einen sehr ausgewogenen Text zu erstellen, den dann die Synode nochmals einer genauen Prüfung unterzog. Diese Texte wurden von der Vollversammlung meistens mit großen Mehrheiten, in vielen Fällen auch mit den Stimmen der Bischöfe, angenommen. Wenn diese Texte geändert werden, kann sich unter Umständen doch ein anderer Sinn ergeben. Ich höre, daß zum Beispiel in einem Leitsatz zur kirchlichen Jugendarbeit der Ausdruck „kritisches Denken“, zu dem die Jugend erzogen werden soll, durch den Ausdruck „gläubig-sittliches. Denken“ ersetzt wurde. So richtig diese Feststellung ist, so bedeutet sie doch etwas grundsätzlich anderes als das, was die Synode gewollt hat.

KARDINAL KÖNIG: Über die Zweckmäßigkeit, textliche Änderungen vorzunehmen, kann man verschiedener Meinung sein. Die Bischöfe waren jedenfalls der Meinung, daß sie das Recht haben, dort, wo es ihnen notwendig erschien, textliche Änderungen anzubringen.

FRAGE: Das Wesentliche sind je-. ne Stellungnahmen der Bischofskonferenz, mit denen die Zustimmung zu einigen Beschlüssen des ÖSV verweigert wurde. Darf ich Sie fragen, Herr Kardinal, um welche Beschlüsse es sich dabei handelt und warum die Bischöfe diese Beschlüsse nicht akzeptiert haben?

KARDINAL KÖNIG: Ich möchte zunächst jene Materie erwähnen die über den Kreis der Synodalen hinaus in der. Öffentlichkeit ein .großes, wenn auch vielleicht nicht immer sachliches Interesse erregt hat. Das ist das Problem der sogenannten „viri probati“, das heißt jener Beschluß der Synode, in dem die österreichischen Bischöfe gebeten werden, sich bei den zuständigen Stellen in Rom um das Recht zu bemühen, bewährte, verheiratete Männer („viri probati“) zu Priestern weihen zu dürfen. Die Bischofskonferen* hat sich diese Empfehlung nicht zu eigen gemacht.

FRAGE: Die regen Debatten haben doch gezeigt, wie wichtig der Synode diese Frage xoar. Warum hat sich die Bischofskonferenz dagegen ausgesprochen?

KARDINAL KÖNIG: Weil sie der Meinung ist, daß die Frage der „viri probati“ eine Angelegenheit ist, die die gesamte Weltkirche angeht. Wir glauben nicht, daß es sinnvoll ist, wenn einzelne Länder in dieser Sache Vorstöße machen würden. Die Bischöfe beziehen sich in ihrer Ablehnung ausdrücklich auf die römische Bischofssynode, die sich zu dieser Frage schon abschlägig geäußert hat ,: '

FRAGE: Aber toäre es trotzdem nicht angezeigt, diese Willensäußerung des ÖSV den zuständigen Stellen in Rom zur Kenntnis zu bringen? Wenn von mehreren Ländern ein solcher Wunsch herangetragen wird, könnte vielleicht doch etwas erreicht werden. Diese Empfehlung der Synode war ja doch von dem Bestreben getragen, ohne prinzipielle Aufhebung des Zölibats dem immer drük-kender werdenden Priestermangel zu begegnen. Wie könnte dieser Sorge nach Meinung der Bischöfe anders begegnet werden.

KARDINAL KÖNIG: Was den ersten TeH-Ihrer Frage betrifft so imöchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, daß dieser Beschluß des ÖSV wie ähnlich gelagerte, den zuständigen Stellen in Rom übermittelt wird, allerdings mit dem Zusatz, daß sich die Bischöfe ihn nicht zu eigen gemacht haben. Die Bischöfe glauben nicht, daß ein solches Verlangen zur Zeit, ich betone ausdrücklich zur Zeit, der richtige Weg ist, um dem Priestermangel zu begegnen.

FRAGE: Wie haben sich die Bischöfe zur Frage des Diakonats geäußert? Auch hier hat ja die Synode eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen.

KARDINAL KÖNIG: Zum Großteil wurden alle Empfehlungen von der Bischofskonferenz befürwortet, so daß der Wunsch, das Mindestalter für die Weihe von verheirateten Männern zu Diakonen mit 30 Jahren festzusetzen. Ferner sind' die Bischöfe für die Aufhebung des Verbotes der Wiederheirali für ver-* witwete Diakone eingetreten. Nicht beitreten konnten sie dem Wunsch die Zölibatsverpflichtung für unverheiratete Diakone überhauptaufzuheben. Der Grund dafür ist die Rücksichtnahme auf die orthodoxe Kirche. Wir wollten gerade in einer Zeit in der sich daa Verhältnis izur orthodoxen Kirche sehr positiv entwickelt und diese Kirche selbst vor inneren Entwicklungen steht uns nicht durch einen Beschluß in einen Gegensatz zur Orthodoxie stellen, in der die Zölibatsverpflichtung unverheirateter Diakone nach wie vor aufrecht ist. Aber auch diese Empfehlung wird als Willensäußerung der Synode nach Rom geschickt.

FRAGE: Die Synode hat auch einen Beschluß gefaßt, der für zahlreiche Menschen, die geschieden'sind und in einer zweiten, standesamtlich geschlossenen Ehe leben, die aber als gläubige Katholiken am sakramentalen Leben teilnehmen .wollen, von großer Bedeutung ist. Die Bischofskonferenz wurde in diesem Beschluß gebeten, sich dafür einzusetzen, daß solche Menschen „unter neuen, über die bisherige bewährte pastorale Praxis hinausgehenden Voraussetzungen“ an den Sakramenten teilnehmen können.

KARDINAL KÖNIG: Die Bischofs-konfereniz hat sich diese Empfehlungen zu eigen 'gemacht, allerdings mit der Einschiränkung, daß es statt „unter neuen, über die bisherige... Praxis hinausgehenden Voraussetzungen“ nunmehr heißt „unter bestimmten Voraussetzungen“.

FRAGE: Warum diese Einschränkung? Der Wunsch der Synode war es doch sicherlich, hier auf neue Möglichkeiten hinzuweisen. Unter „bestimmten Voraussetzungen“

konnten ja Wiederverheiratete immer die Sakramente empfangen.

KARDINAL KÖNIG: Die seelische und religiöse Not so vieler Menschen, die in einer zweiten, standesarntli-chen Ehe leben, sind den Bischöfen nicht fremd und lassen sie gewiß nicht gleichgültig. Wir glauben auch, daß man die Suche nach netten Möglichkeiten nicht aufgeben soll. Wir „sind aber der Meinung, daß., wir in dieser Frage konform mit den Bischöfen des gesamten deutschen Sprachgebietes vorgehen sollen. Ein Vorpreschen der Österreicher allein halten wir nicht für zielführend.

FRAGE: Von Deutschland hört man wieder, daß man dort die Hoffnung auf die Österreicher setzt, daß man von Österreich einen ersten Schritt erwartet.

KARDINAL KÖNIG: Es kann sein, daß es auch darüber verschiedene Meinungen gibt. Die österreichischen Bischöfe haben jedenfalls hier ihre Meinung kundgetan. Aber auch dieser Beschluß wind mit der erwähnten Einschränkung nach Rom weitergeleitet.

FRAGE: Der ÖSV hat, wenngleich mit schwacher Minderheit, einen Beschluß gefaßt, in dem die Errichtung einer Art Politbüro vorgesehen ist, das die Bischöfe bei politischen Erklärungen und Stellungnahmen beraten soll und einen Fünf Jahresbericht über die gesellschaftliche Wirksamkeit der Kirche in Österreich beraten und vorlegen soll.

KARDINAL KÖNIG: Diese Empfehlung 'hat die Bischofskonferenz abgelehnt, wie ich glaube mit gutem Grund. Die Bischöfe haben auch bisher nicht einsame Beschlüsse gefaßt, sie haben sich von Fachleuten beraten lassen und werden dies auch in Zukunft tun. Die Schaffung eines eigenen Gremiums schien uns nicht notwendig zu sein. Wie sollte dieses Gremium aussehen, wer sollte es zusammenstellen, die Synode hat darüber nichts ausgesagt. Nicht jeder ist auch für jede Frage gleich kompetent. Im übrigen schien uns diese Empfehlung ein weiterer Schritt zur Verrechtlicbung der Kirche zu sein, ein Zustand, von dem ja die Synode wegkommen wollte.

FRAGE: Diese Feststellung wird sicherlich von vielen mit Erleichterung aufgenommen werden. Auch Bischöfe sind keine Perfektionisten, Gott sei Dank.

KARDINAL KÖNIG: Nein, wir sind alle auf dem Weg. Die Synode war ein Schritt auf diesem Weg und auch das, was die Bischöfe dazu sagen zu müssen glaubten. Die Bischöfe wollten bestimmt keinen Schritt zurück tun. Ich hoffe rtur, daß dann in wenigen Wochen, wenn die Syn-bdenbeschlüsse mit den Anmerkungen der Bischöfe publiziert werden, die Synodalen und die katholische Öffentlichkeit erkennen können, daß die Bischöfe mit wenigen Ausnahmen ein offenes Ja zur Synode gesagt haben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung