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Ein Plädoyer für eine naturnahe Chemie

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Der deutsche Chemiker Hermann Fischer ist vehementer Verfechter einer sanften Na-türstoffchemie. Im Jänner wird er in Wien sein Buch „Plädoyer für eine Sanfte Chemie” vorstellen.

DIEFURCHE: Über 90 Prozent der fossilen Rohstoffe werden zur Energieerzeugung eingesetzt Die Erdölchemie macht nur einen kleinen Anteil am Ölverbrauch aus ... Hermann Fischer: Zu den etwa zehn Prozent der fossilen Rohstoffe, die in chemischen Produkten landen, muß ich weitere zehn Prozent auf der energetischen Seite rechnen.

Mit Erdöl kann ich weder waschen, noch die Wände anstreichen, noch den Fußboden belegen. Das heißt, ich muß jede Menge Energie hineinstecken, um aus Erdöl Kleber oder Farbstoffe zu machen. Dann sieht die Rilanz schon anders aus. Rei nachwachsenden Rohstoffen kommt der Großteil der Energie aus der Photosynthese, also von der Sonne, und nur ein geringer Teil wird zusätzlich für den Anbau investiert. Das gilt natürlich nur unter der Voraussetzung, daß ich keine Intensivlandwirtschaft betreibe, wo große Energiemengen allein für die Düngung draufgehen. „Nachwachsende

Rohstoffe” ziehen auch immer „kontrolliert biologischen Anbau” nach sich.

DIEFURCHE: Ist das nicht eher eine Wunschvorstellung? fischer: Wir haben uns in unserem Betrieb vor drei Jahren vorgenommen, das Leinöl, das wir aus Kanada bezogen, in fünf Jahren zur Hälfte durch solches aus der Region zu ersetzen. Wir haben bereits nach zwei Jahren den Ausstieg geschafft und beziehen heute 100 Prozent des Leinöls, das wir für Farben und Reiniger brauchen, aus der Umgebung aus kontrolliert biologischem Anbau. diefukche: Ist vorstellbar, daß in absehbarer Zeit der Großteil unserer Gebrauchsprodukte aus nachwachsendem Rohstoff hergestellt wird? fischer: Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir in einigen Jahrzehnten noch anders wirtschaften werden können. Nachwachsende Rohstoffe sind ja prinzipiell unendlich. Die wenigsten Leute fragen nach der Verfügbarkeit von Erdöl, welches ja nicht erneuerbar ist. Das stärkste Argument für die sanfte Chemie ist das Massenerhaltungsgesetz: Ein Stoff, der weg ist, ist eben weg.

Das Gespräch führte Martin Weishäupl

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